
Foto: Niklas Bildhauer - CC BY-SA 2.0
Sie dachten, das war schon alles zum Rezept von Mascha Kaleko? Nein, hier kommt der nächste Impuls aus diesem Gedicht und vielleicht kommt noch ein dritter. Aber jetzt bleiben wir erst mal bei diesem Rezept oder Vorschlag: „Zerreiß deine Pläne. Sei klug und halte dich an Wunder.“
Wir machen Pläne und das geht auch gar nicht anders. Aber wie schon das Sprichwort sagt: „Der Mensch denkt und Gott lenkt.“ Oder weniger fromm Bertolt Brecht: „So mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht. Und mach dann noch‘nen zweiten Plan. Gehn tun sie beide nicht.“ In dieser Zeit der Ungewissheiten werden ganz viele Pläne gemacht, aber gehen tun sie eben oft nicht und gar nicht. Es ist in solchen Zeiten darum besser, klug zu sein und sich an gar nichts zu halten. So würde normalerweise wohl der Satz weitergehen. Nein, Mascha sagt uns, dass wir uns an Wunder halten sollen. Das ist ganz überraschend.
Die Pläne gehen schief und werden zerrissen. Und nun sei klug. Wirklich klug und halte dich an das Unglaubliche, an das Unerwartete, daran dass es nicht nach Plan läuft, aber dennoch wunderbar und gut. Dennoch gelingt es und daran kannst du dich halten. Das ist der Halt schlechthin und die Klugheit schlechthin. Sich an den zu halten, der den großen Plan macht.
Und das ist nicht der Fünf-Jahr-Plan, den ich noch aus der so genannten Planwirtschaft der guten alten DDR kenne. Dieser Plan ging immer auf und wurde immer erfüllt und übererfüllt – allerdings nur in der Zeitung. Nein, der große Plan das ist der Plan Gottes, in dem es Raum gibt für Freiheit, für Ungeplantes, für Wunder. Denn, so sagt Mascha weiter: Sie sind lange verzeichnet. Im großen Plan. Klug sein ist, sich an diesen göttlichen Plan zu halten. Und die Wunder sind nicht nur die Wunder, dass es trotzdem noch gut geht, dass geschieht, was eigentlich unmöglich war. Daran denken wir zuerst und das haben wir wohl auch schon erlebt, dass mein Leben geführt und gefügt wurde.
Das ist das Besondere an diesem großen Plan, dass ich – im Unterschied zu den sonstigen großen Plänen der Wirtschaft und der Politik – darin als Individuum vorkomme. Ich mit meinen Stärken und Schwächen, mit meinen Ängsten, Nöten, Hoffnungen und mit meiner ganz persönlichen Sehnsucht. Oder wie Hanns Dieter Hüsch eines seiner Bücher genannt hat: „Du kommst auch drin vor!“ Ja, in diesem großen Plan Gottes komme ich auch vor. Aber es geht nicht nur um mich persönlich und mein eigenes Leben. Es geht auch noch um etwas anderes, nämlich darum, wie ich auf mein Leben und das Leben im Allgemeinen schaue. Wunder sieht nämlich nicht jeder.
Es geht, wenn ich auf diesen großen Plan Gottes schaue, auch um die Wunder, die ganz alltäglich sind. Denn wie es einmal Hans Urs von Balthasar gesagt haben soll: „Alle Dinge lassen sich doppelt betrachten: als Faktum und als Geheimnis.“ Der fallende Schnee ist ein Faktum – nichts Besonderes. Der fallende Schnee ist – ein Wunder. Ein staunenswertes Wunder. Auch um diese Wunder geht es, die wahrnimmt, wer staunen kann, wer die Welt nicht nur hinnimmt als Faktum, sondern als etwas Wunderbares und Staunenswertes sieht. Und auch das konnte Mascha Kaleko so gut. Das hat sie uns in so vielen Gedichten gezeigt.
Liebe Leserinnen und Leser, diese Glaubensüberzeugung: Zerreiß deine Pläne. Sei klug
Und halte dich an Wunder. Sie sind lang schon verzeichnet. Im großen Plan …, hat Mascha in allen den Wechselfällen des Lebens über ihre Ängste siegen lassen und ihr Hoffnung und Zuversicht gegeben – wenn auch oft nur für den nächsten Tag. Wir dürfen ihr Rezept auch gebrauchen.
Es grüßt sie herzlich
Thomas Gertler SJ
15. Juni 2022
Jesus hatte diesen Blick, das Wunder im Alltäglichen zu sehen. In der Lilie auf dem Feld und in den Vögeln am Himmel das Wunder der Sorge Gottes und seines Sinnes für Schönheit. Und auch daraus Vertrauen zu schöpfen für den Tag – nur für heute! Und auch uns damit zu versorgen.

Foto: Denis Barthel - CC BY-SA 3.0
Matthäus 6,25 - 34
6,25 Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen oder trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt! Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? 26 Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? 27 Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Spanne verlängern? 28 Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien des Feldes, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. 29 Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. 30 Wenn aber Gott schon das Gras so kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen in den Ofen geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen! 31 Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? 32 Denn nach alldem streben die Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. 33 Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben. 34 Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug an seiner eigenen Plage.