
Foto: Amada44 - CC BY-SA 3.0
Das sehen sie ja sofort auf dem Bild oben. Es trennt meine Sachen von deinen Sachen. Aber dass es Miendienchen heißt, wussten Sie vermutlich noch nicht. Ich auch nicht. Denn so heißt es nur manchmal und manchenorts, nämlich in Norddeutschland und da sagt man mundartlicher Miendientje. Im Amtsdeutsch nennt man es Warentrenner oder Waren-Separator. Hurra, mal wieder oder immer noch Latein! Mit Latein wird es immer hochoffiziell. In der Schweiz nennt man das Ding auch wegen der gewöhnlich dreieckigen Form auch Waren-Toblerone. Achtung, Schleichwerbung!
Miendienchen ist aber richtig originell und humorvoll und dient mir heute als Hilfe für ein wichtiges Thema beim Zusammenleben und nicht nur beim Einkaufen. Es trennt ja Mein und Dein auf dem Warenband im Supermarkt. Ohne diesen Stab kann es dann zu Verwirrung und Fehleingaben in der Kasse geben und dann längere Neueingabe usw. Sie haben das sicher auch schon erlebt.
So ein Miendienchen sollte es aber auch sonst im Zusammenleben geben, denn da ist die Unterscheidung von Mein und Dein auch für das gute Zusammenleben und für das Seelenleben sehr hilfreich. Es gibt mehrere Fehler, die hier oft vorkommen und sehr stören und ich will sie an möglichen Missverständnissen von Jesusworten deutlich machen.
Das erste ist eine Art Helfersyndrom nach Jesu Wort: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und unter Lasten stöhnt, ich werde euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28). Jemand kümmert sich um alles und jedes, hilft jeder und jedem, nimmt Lasten ab und trägt selbst. Das wird oft als unheimlich gut und aufopfernd erfahren und ist in vielen Witzen über die so genannte „jüdische Mutter“ dargestellt. Aber es ist auch sehr anstrengend und lässt den anderen nicht frei. Der Helfer oder die Helferin kommt dann in die Überanstrengung und zum Burnout. Die, denen da immer geholfen wird, werden in Unselbständigkeit gehalten. Da hilft ein ausgesprochenes (im eigentlichen Sinne des Wortes) Miendienchen sehr gut, damit jeder und jede auf ihrem Gebiet bleibt: „Diese Socken sind meine und ich möchte sie selbst waschen. Ich will nicht, dass Du dich in meine Wäsche hineinmischst, auch wenn Du sagt: Ich wasche doch sowieso. Da kommt es auf Deine nicht an.“
Das zweite hat es nicht so sehr mit Dienen als mit Macht zu tun und ist ein Missverständnis des Wortes bei Johannes: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alles an mich ziehen“ Joh 12.32. Wenn jemand einen Chefposten erreicht hat, dann will er komplett alles an sich ziehen und kontrollieren. Kennen oder haben Sie einen solchen Chef? Oder eine Chefin? Das kann sehr schwierig werden und zu Machtmissbrauch führen. Typisch dafür ist z. B., dass der Obere, die Oberin über alles komplett Auskunft verlangt und völlige Transparenz durchsetzt, selbst aber keine Offenheit und Transparenz gewährt. Typisch für geistlichen Missbrauch ist, wenn dieses Verhalten dann auch noch geistlich begründet wird: „Im Oberen spricht Christus selbst zu dir und du musst gehorsam sein, auch wenn du es nicht verstehst.“ Auch da hilft ein mindestens innerliches Miendienchen. Ein offen ausgesprochenes kann heftige Konsequenzen haben. Die müssen manchmal sein. Hier gibt es noch mehr zu sagen und zu unterscheiden. Dazu reicht an dieser Stelle der Raum nicht.
Schließlich ein letzter Punkt. In der Apostelgeschichte 25,3 erwähnt Paulus das Jesuswort: „Geben ist seliger als Nehmen.“ Das erste Missverständnis dieses Wortes ist, dass es als Grundsatz für die Boxer benutzt wird (:-)). Das zweite ist aber, dass ich versucht bin, meine Probleme von anderen lösen zu lassen, dass ich sie anderen übergebe. Und auch das ist weit verbreitet und wird oft gar nicht bemerkt. Und es gibt immer wieder Menschen, die sich darauf einlassen und Probleme anderer zu lösen versuchen. „Ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll. Soll ich heiraten oder ins Kloster gehen? Was sagen Sie?“ Auch da ist ein klares Miendienchen hilfreich: „Das ist Ihre Frage und die kann ich verstehen, aber nicht lösen. Da müssen Sie herausfinden, was Sie am Entscheiden hindert und ich kann dabei helfen, das herauszufinden. Die Entscheidung aber müssen Sie treffen.“
Also immer wieder das Miendienchen. Du bist Du und ich bin ich. Und das ist gut so. Das ist Deine Sicht und Bewertung. Ich muss sie nicht als Meine übernehmen. Das schafft Klarheit und Freiheit.
Viele Grüße und Gottes Segen
Thomas Gertler SJ
5. Juli 2023
Ein Gebot des „Miendienchen“ gibt es in der Bibel öfter, angefangen beim 5. Gebot: „Du sollst nicht stehlen.“ Du sollst also achten, was Mein und Dein ist. Gott setzt vor allem dem Meer immer wieder Grenzen, dass es nicht alles überschwemme. Das ganze erste Kapitel der Bibel lässt sich als Abgrenzung und Trennung der Lebensräume und der Zeiten lesen: Licht und Finsternis, Tag und Nacht, Land und Meer und Luftraum. Alles wird abgegrenzt, damit Leben möglich ist und bleibt. Für die Gemeinde hat Paulus das aufgestellt, damit das Miteinander bei allen Spannungen möglich bleibt. Er beschreibt im Bild des Leibes die Unterscheidung und Zuordnung aller Gaben in der Gemeinde in Korinth. Und wir sehen ein Bild vom alten Apollo-Tempel in Korinth.

Foto: Jean Housen - CC BY-SA 4.0
1. Korinther 12,12 - 27
12,12 Denn wie der Leib einer ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: So ist es auch mit Christus. 13 Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt. 14 Auch der Leib besteht nicht nur aus einem Glied, sondern aus vielen Gliedern. 15 Wenn der Fuß sagt: Ich bin keine Hand, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört er doch zum Leib. 16 Und wenn das Ohr sagt: Ich bin kein Auge, ich gehöre nicht zum Leib!, so gehört es doch zum Leib. 17 Wenn der ganze Leib nur Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er nur Gehör wäre, wo bliebe dann der Geruchssinn? 18 Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach. 19 Wären alle zusammen nur ein Glied, wo bliebe dann der Leib? 20 So aber gibt es viele Glieder und doch nur einen Leib. 21 Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht. Der Kopf wiederum kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht. 22 Im Gegenteil, gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich. 23 Denen, die wir für weniger edel ansehen, erweisen wir umso mehr Ehre und unseren weniger anständigen Gliedern begegnen wir mit umso mehr Anstand, 24 während die anständigen das nicht nötig haben. Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem benachteiligten Glied umso mehr Ehre zukommen ließ, 25 damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen. 26 Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. 27 Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.