Wir alle haben zwei Leben…

„Wir alle haben zwei Leben. Das zweite beginnt, wenn wir realisieren, dass wir nur eines haben.“ Der tolle Spruch stammt von dem Schauspieler Tom Hiddleston. Gab es bei ihm vielleicht einen Unfall, den Tod eines nahen Menschen, eine lebensbedrohliche Krankheit? Der Spruch legt nahe, dass es da so etwas wie einen Bruch und dann einen Neuanfang gab. Einen Neuanfang, weil es nicht mehr so weitergehen konnte, weil er begriffen hatte, dass das Leben einzig ist. Wann begreifen wir eigentlich, dass wir nur e i n Leben haben? Habe ich es schon begriffen? Ich glaube nicht so richtig und vollständig.

Denn ich weiß es einerseits selbstverständlich. Im Kopf weiß es jeder von uns: dieses Leben ist einmalig. Es gibt dieses Leben nur einmal und dieses und kein anderes Leben ist entscheidend, selbst wenn ich an ein Weiterleben nach dem Tod glaube oder gar an Wiedergeburt oder Seelenwanderung… Denn selbst wenn es weitergeht, wie es weitergeht, das hängt von diesem meinem Leben hier und heute ab. In jedem Falle. Aber das ist so lange Theorie als es nur im Kopf bleibt und noch nicht Wirklichkeit ist. Das ist nämlich das Andererseits, dass es Auswirkungen hat, dass wir es realisieren, es gibt nur das eine.

Also lieber Tom, was war da? Wie wurde für Dich Realität, dass wir nur e i n Leben haben. Und was hat sich bei Dir verändert? Ich habe es nicht rausfinden können. Aber ich nehme an, dass dieser Spruch eben nicht nur ein Spruch ist, sondern auf eine Erfahrung zurückgeht. Eine Erfahrung, die das Leben verwandelt und das Bewusstsein vom Leben verwandelt, und zwar in Richtung dessen, was wir das eigentliche Leben nennen.

Es gibt einen Brauch, der uns dabei helfen soll, dass wir realisieren, unser Leben ist einzig und ist endlich, und dass wir ein zweites Leben beginnen. Das ist der Brauch des Aschermittwochs. Es wird uns ein Kreuz mit geweihter Asche auf die Stirn gezeichnet oder es wird uns Asche aufs Haupt gestreut mit dem Wort: „Gedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staube zurückkehrst.“ Die Asche steht dabei für ein Doppeltes. Einmal für uns selbst. Staub und Asche, Lehm und Erde sind wir. Daher kommen wir und dahin gehen wir. Und als zweites Asche und Staub streut man sich seit biblischen Zeiten aufs Haupt als Zeichen von Trauer und Buße.

Ziel aber nicht die Trauer, sondern genau das: realisieren, also in aller Konsequenz annehmen und begreifen, dass unser Leben einzig ist und wir darum das Beste daraus und damit machen sollen. Und das ist dann die Buße oder Umkehr, zu der uns die Fastenzeit führen will, deren Auftakt das Aschenkreuz ist. Und was wir damit machen sollen und worin dann das eigentliche Leben besteht, das sagt uns auch sehr schön die Lesung aus dem Propheten Jesaja an diesem Tag: Jes 58,6 Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: / die Fesseln des Unrechts zu lösen, / die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, / jedes Joch zu zerbrechen, 7 an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, / die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden / und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte / und deine Wunden werden schnell vernarben. Ja, wenn ich das tue und leben, dann erlebe ich Heilung und Licht und große Freude. Das ist das eigentliche Leben, das Gott will und das mir gut tut und allen anderen auch.

Leben wir also dieses zweite und eigentliche Leben und werden wir damit froh.

Das wünsche ich Ihnen und mir selbst auch.

Mit vielen Grüßen
Thomas Gertler SJ

14. Februar 2018

Jesus ruft uns zu: „Kehr um und glaube an das Evangelium!“ Umkehr und Glaube an das Evangelium sind nur zwei Seiten einer Medaille, einer Goldmedaille! Umkehr ist Abkehr vom entfremdenden und traurig machenden Leben. Glaube ist Hinkehr zum eigentlichen Leben, nämlich der Glaube daran, dass es nun höchste Zeit zum Aufbruch und Hinwendung ist und dass Gott uns nahe ist, dass wir Ihn jetzt, heute erreichen und zu Ihm kommen können. Aber hören wir Jesu Botschaft selbst.

„Kehr um und glaube an das Evangelium!“

 

Mk 1,14 - 15

1,14 Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes 15 und sprach:
Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!