
Foto: Bombadil77 - CC BY-SA 3.0
Endlich kriege ich schnelles Internet, hurra! Einen neuen Router. Es schickes Ding. Ich bin immer nervös beim Einrichten. Aber ich kriege es doch hin. Mein Laptop erkennt den neuen Router. Die beiden verstehen sich auf Anhieb und sehr gut. So, nun müsste es eigentlich klappen. Es klappt aber nicht. Es verbindet sich nicht mit dem Internet. Ich versuche es zweimal und dreimal. Ich rufe die berühmte Firma an. Nach langer Wartezeit heißt es: „Ja, es liegt eine Störung vor.“ Ach ja. Dass ich darauf nicht selbst gekommen bin!
Warum nur? Muss es denn immer so sein? Warum kann es nicht einfach mal leicht und sanft gehen, smooth, wie die Engländer sagen. Das wäre so schön. Statt dessen Widerstand. Tücke des Objektes. Wie oft habe ich jetzt schon angerufen! Nicht nur das eine Mal. Und wie lange musste ich immer warten. Ja, es gibt die Störung immer noch. Ja, das dauert. Jetzt bin ich schon drei Tage ganz ohne. Ohne Internet und ohne Telefon. Oh dieser Widerstand der Wirklichkeit!
Wie das kennen Sie auch? Auch so erlebt? Und nicht nur bei unseren großen Telefonanbietern? Auch sonst so. Hauptsächlich bei der Computer-Technik, auch einfach mal beim Aufbau eines Bücherregals. Widerstand der Dinge. Aber nicht nur der Dinge, auch die Gartenarbeit ist zäh. Bäume beschneiden mühselig. Es scheint eine Eigenschaft der Wirklichkeit zu sein, dass sie Widerstand leistet. Warum geht es nicht einfach ganz einfach? Warum geht es nicht leicht? Warum geht es nicht smooth? Auch bei den menschlichen Beziehungen. Immer wieder so mühselig, so schmerzhaft, so widerständig.
Da lob ich mir die modernen sozialen Netzwerke. Da kann ich jederzeit wegdrücken, was mir nicht gefällt, was schwierig und kritisch ist, was mich in Frage stellt und mir gar nicht in den Kram passt. Ich kann jederzeit anderswo hingehen und mir suchen, was nicht so lästig und widerständig ist. Und das mache ich auch. Und da das Smartphone smart ist, darum merkt es sich, was mir gefällt und bietet es mir wieder an und sucht Ähnliches und schickt es mir. Es will es mir leicht machen und ganz einfach und eingängig wie von selbst, eben smooth.
Ist doch toll! Oder? Ja, toll, aber es gibt auch ein Aber. Denn dieses immer nur Leichte, Angenehme, Einfache, gerade das kommt mir nun auch verdächtig vor. Das ist nämlich dann nicht mehr die wirkliche Welt, sondern eine selbst fabrizierte Welt, eine Scheinwelt. Ich merke, dass die Widerständigkeit auch was Gutes hat. Sie überzeugt mich davon, dass ich es mit der Wirklichkeit, mit einem Gegenüber zu tun habe. Denn es ist wohl seit dem Paradies so, dass die Wirklichkeit dem Menschen Widerstand leistet. „Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen“ (Gen 3,19).
Und daran soll etwas gut sein? Na ja, sicher nicht nur und nicht immer. Es sollte nicht eine Woche dauern, bis man wieder sein Internet und sein Telefon hat. Aber die Widerständigkeit der Wirklichkeit zwingt mich dazu, genauer zu suchen, um zu verstehen. Und das lässt mich dann tiefer erkennen. Führt mich in die größere Wahrheit. Wenn es immer nur leicht geht und widerstandslos, dann lerne ich nicht so viel, kapiere ich nicht so gründlich. Nein, gerade die sozialen Netzwerke mit ihrer Smartheit und steten sanften Verstärkung halten mich in immer dem Gleichen, in dem Angenehmen gefangen. Sie lassen mich verblöden. Das ist jedenfalls eine Gefahr. Sie bilden dann ein Netz, das mich gefangen hält. Nicht mehr ein Netz, das mich verknüpft mit aller Welt, sondern nur noch mit meiner Welt: „Zweimal Drei macht Vier, Widdewiddewitt, und Drei macht Neune !! Ich mach' mir die Welt, Widdewidde, wie sie mir gefällt ...“ singt Pippi Langstrumpf.
Dagegen ist es hilfreich auch im geistlichen Leben, den Widerständen nachzugehen. Ja, auch den eigenen Widerständen gegen etwas oder jemanden, um sich und womöglich den anderen oder die Bibel tiefer zu verstehen und tiefer die Wahrheit über die Welt, über sich, ja über Gott zu erkennen und so freier zu werden.
Aber jetzt ruf ich erst noch mal bei der widerständigen Firma an, der wiederum das neue Glasfaserkabel so viel Widerstand leistet. Sonst kriegen Sie ja diesen Impuls nicht.
Österliche Grüße sendet Ihnen
Thomas Gertler SJ
11. April 2018
Eine der wichtigsten Geschichten über Widerstand ist in der Bibel der Kampf zwischen Jakob und dem Engel. Eine unheimliche Geschichte. Auch Gott leistet Widerstand. Und Jakob nimmt den Kampf an und ringt und lässt nicht nach und gewinnt am Ende den Segen, wenn auch nicht ohne dauerndes leibhaftiges Erinnerungsmal dieses Kampfes.
Gen 32, 23 - 33
32, 23 In derselben Nacht stand Jakob auf, nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde sowie seine elf Söhne und durchschritt die Furt des Jabbok. 24 Er nahm sie und ließ sie den Fluss überqueren. Dann schaffte er alles hinüber, was ihm sonst noch gehörte. 25 Als nur noch er allein zurückgeblieben war, rang mit ihm ein Mann, bis die Morgenröte aufstieg. 26 Als der Mann sah, dass er ihm nicht beikommen konnte, schlug er ihn aufs Hüftgelenk. Jakobs Hüftgelenk renkte sich aus, als er mit ihm rang. 27 Der Mann sagte: Lass mich los; denn die Morgenröte ist aufgestiegen. Jakob aber entgegnete: Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest. 28 Jener fragte: Wie heißt du? Jakob, antwortete er. 29Da sprach der Mann: Nicht mehr Jakob wird man dich nennen, sondern Israel (Gottesstreiter); denn mit Gott und Menschen hast du gestritten und hast gewonnen. 30 Nun fragte Jakob: Nenne mir doch deinen Namen! Jener entgegnete: Was fragst du mich nach meinem Namen? Dann segnete er ihn dort. 31 Jakob gab dem Ort den Namen Penuël (Gottesgesicht) und sagte: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davongekommen. 32 Die Sonne schien bereits auf ihn, als er durch Penuël zog; er hinkte an seiner Hüfte. 33 Darum essen die Israeliten den Muskelstrang über dem Hüftgelenk nicht bis auf den heutigen Tag; denn er hat Jakob aufs Hüftgelenk, auf den Hüftmuskel geschlagen.