Wer glaubt, ist nie allein

Foto: Andre Engels - CC BY 2.0

Das hat der verstorbene Papst Benedikt gesagt. Es ist ein tröstendes Wort. Es hat ihn selbst getröstet und gestärkt auf dem Weg, wo er oft ganz allein war. Er wollte schon nicht gern Bischof sein. Erst recht wollte er nicht Papst sein. Er wollte seiner eigentlichen Berufung folgen und Lehrer des Glaubens sein. Das war er durch und durch. Darum hat er selbst als Papst noch Bücher geschrieben. Drei Bände über Jesus Christus. Die Ämter sind ihm schwer gefallen und doch hat er sie auf sich genommen, weil andere es wollten.

Dieses tröstende Wort: „Wer glaubt, ist nie allein“, ist dann auch zum Lied geworden. Hier ist es zu hören. Vielleicht ist es etwas zu gewiss und glaubensfest. Papst Benedikt hat es in seiner Art leiser und bescheidener gesagt. Er hat es ja gesagt, weil wir als Glaubende oft das Gegenteil spüren und weil er es auch selbst so gespürt hat: Wer glaubt, ist sehr allein. Und das ist richtig. Wer glaubt, der ist allein, weil er sich allein und persönlich für den Glauben entschieden hat, der ihm eingeleuchtet ist. Das ist immer das Erste, wenn der Glaube eine persönliche und ganz eigene Entscheidung wird: dass er mir einleuchtet, dass ich ihn geschenkt bekomme, dass er mir Licht gibt, neues Verstehen, tiefe Freude. Daraus wächst dann die Entschiedenheit für den Glauben. Aus der Einsicht, aus der Erfahrung. Aber dann macht sie auch einsam. Dann führt zu Konflikten. Dann führt sie zu Trennungen. Entscheidung hat ja mit Scheidung zu tun. Das geschah auch Benedikt und das geschieht auch heute bei jedem, der sich allein und persönlich entscheidet.

Aber genau wie der entschiedene Glaube einsam macht, so führt er auch zu neuer Gemeinschaft. Zu der Gemeinschaft der entschieden Glaubenden. Wer glaubt, ist nie allein. Ja, das hat Papst Benedikt gemeint. Aber zugleich mehr. Wer glaubt ist nie allein. Er tritt nämlich ein in die Gemeinschaft der Glaubenden auf der ganzen Welt. Das habe ich früh erfahren, als wir junge Jesuiten aus der DDR andere trafen aus Polen, von den Philippinen oder aus Vietnam oder Australien. Ja, es war einmal so, dass zwei junge Leute aus Taizé 1980 mehrere Monate bei uns in Erfurt zu Gast waren, um das Treffen mit Frere Roger vorzubereiten. Mit einem bin ich richtig gut Freund geworden. Er stammte aus Kanada und war evangelisch und hat sich damals ganz eingewöhnt, mit uns Jesuiten zu leben.

Natürlich führt der Glaube Menschen zusammen und schafft Gemeinschaft. Und was da oft zu spüren ist, das ist der einende und verbindende Geist. Das ist Erfahrung der Glaubenden von Anfang an: „Sie waren ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32). Auch wenn es manchmal heftigen Streit gab und auch heute Auseinandersetzungen gibt, es gab diese Erfahrung des einenden Geistes, gerade dann auch im Streit, der beigelegt werden konnte aus dem einenden und versöhnenden Geist. Wer glaubt, ist nie allein.

Es geht aber tiefer und das haben Sie vielleicht schon lange selbst sagen wollen: Wer glaubt, ist nie allein, weil Jesus bei ihm ist und mit ihm geht. Weil der Vater und der Geist mitgehen. Weil der dreieine Gott mit uns geht. Das ist der eigentliche Grund. Darauf stehen wir und das tröstet uns. Das erfahren wir jedoch nicht immer. So wie es Jesus nicht immer erfahren hat. Ja, am Kreuz erfährt er völlige Verlassenheit und Einsamkeit und er spricht sie auch aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34). Indem er es aber ausspricht, macht er es zum Gebet, zum Gebet an den Vater, den er nicht spürt, aber von dem er weiß, dass er dennoch da ist.

Das sollen seitdem alle wissen, die solche Gottverlassenheit erfahren: Er ist dennoch da. Er ist dennoch da mit seiner Liebe, mit seinem Beistand, auch wenn ich sie jetzt nicht erfahre. Wer glaubt, ist nie allein.

Das ist für mich ein Vermächtnis von Papst Benedikt, nicht nur seine Theologie, sondern auch sein Glaube, seine Hoffnung und seine Liebe.

Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ

11. Januar 2023

Hier die Briefstelle, an der Paulus seine Erfahrung ausspricht, dass nie allein ist, wer glaubt. In jeder Situation erfährt er: nichts kann uns trennen, nichts kann uns scheiden, immer ist er mit mir, immer ist er mit uns und das hält und trägt uns, das eint uns wie diese einander haltenden Hände.

Foto: Jeff Kubina - CC BY-SA 2.0

Römer 8,34 - 39

8,34 Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: Der auferweckt worden ist, er sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. 35 Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? 36 Wie geschrieben steht: Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. 37 Doch in alldem tragen wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat. 38 Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, 39 weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.