
Foto: H. Helmlechner - CC BY-SA 4.0
Wer auf uns zukommt, das ist der auferstandene Christus, wie hier in der Moritzkirche von Augsburg. Aus dem hellen Licht des Hochchors kommt er auf uns zugeschritten. Er ist die einzige Figur, die man sieht, wenn man die Kirche betritt und nach vorn geht, auf ihn zu, den Christus Salvator, auf den Heiland Jesus Christus. Und er schreitet mit großen Schritten auf uns zu. Das ist der Eindruck und er ist für die meisten Menschen sehr stark und tief gehend.
Die lebensgroße Figur ist das letzte Werk des Augsburger Künstlers Georg Petel (1601-1634). Ja, Sie sehen richtig. Er ist nur 33 Jahre alt geworden. Er starb an der Pest, die der Dreißigjährige Krieg in das besetzte Augsburg gebracht hatte. Er war der bedeutendste Bildschnitzer seiner Zeit in Augsburg und hat noch weitere Werke geschaffen, die die Augsburger Kirchen schmücken und gewissermaßen auch vereinen. Seien sie nun katholisch oder evangelisch. Aber die Moritzkirche war seine Pfarrkirche und ihm besonders wichtig. Dort hat er geheiratet und dort wurden seine Kinder getauft.
Hier nun dieses Bild noch einmal aus der Nähe.

Foto: Ktiv - CC BY-SA 4.0
Diese großartige Skulptur ist leider in den 60er Jahren nicht ganz korrekt renoviert worden. Am störendsten ist für mich, dass man damals die Pupillenzeichnung entfernt hat und der Christus uns nicht mehr anblickt. Es sieht jetzt so aus, als habe er die Augen geschlossen. Das ist aber nicht richtig. Sie, liebe Betrachterinnen und Betrachter, müssen sich also die Augen, die Sie anblicken, heute dazu denken. Der Salvator schaut Sie an.
Was die Meisterschaft dieses Bildwerkes ausmacht ist die Kraft der Bewegung einerseits und die ruhig grüßende und umfassende Haltung der Hände und Arme andererseits. Die Kraft der Bewegung strahlt aus den Gewandfalten, die von oben nach unten den Körper diagonal begleiten und unten in einem ganz bewegten Abschluss enden. Es scheint Wind zu wehen. Der österliche Geist umweht die Gestalt des Erlösers.
In die gleiche Diagonale wie die Gewandfalten sind auch beide Arme gestellt: Der rechte Arm begrüßend und segnend nach oben gehoben, der linke nach außen und unten, gewissermaßen alles umfassend und mitnehmend, auch mich selbst in einer begrüßenden Umarmung. Die Arme und Hände strahlen aber eine große Ruhe und Geschlossenheit aus. Der geöffnete Mund scheint uns etwas zuzurufen. Ich stelle mir vor, er ruft uns „Schalom! Friede!“ zu. Das ist ja der Gruß des Auferstandenen an seine angstvollen und friedlosen Jüngerinnen und Jünger damals und heute.
Dass er so auf uns zukommt, heißt, er ist unsere Zukunft. Egal was sonst alles auf uns zukommt, die alles und zuletzt entscheidende Zukunft für uns und auch für die Welt ist er, der Christus Salvator. Darum liebe ich diese Skulptur so sehr und diesen Blick in die Augsburger Moritzkirche, wo seit der Renovierung 2013 unter dem britische Architekt John Pawson alles andere beiseite geräumt worden ist, um diesen Blick in unsere Zukunft frei zu haben.
So vieles andere schiebt sich ständig nach vorn und fordert unseren Blick, unser Hinschauen und unsere Draufsicht, Ansicht, Vorsicht. Einmal am Tag brauche ich den freien und befreienden Bick auf Christus, der auf uns zuschreitet und von dem wir uns Hoffnung schenken lassen.
Vielleicht schauen Sie diese Woche auch einmal täglich auf ihn, den Christus Salvator von Georg Petel. Er möge Sie trösten und stärken.
Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ
4. Mai 2022
Vom Bild her scheint mir als Bibelstelle immer noch am passendsten das 21. Kapitel im Johannes-Evangeliums. Zuerst die Vergeblichkeit des Fischens. Die ganze Nacht ohne Erfolg. Nun steht Jesus am Ufer und fordert sie auf, noch einmal das Netz auszuwerfen und jetzt ist es voll, übervoll. Das hatten sie schon einmal erlebt (Lukas 5) und so erkennt der Lieblingsjünger, dass es der Herr ist, der da in der Helle der Morgensonne am Ufer steht. Er ist ihre Zukunft. Das Bild ist übrigens aus dem 19. Jahrhundert und setzt die Szene an den Bodensee zwischen Konstanz und Meersburg.
Johannes 21,1 - 14
21,1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. 2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. 3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. 7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. 10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! 11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. 12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.