Wellengang

Wellengang in Warnemünde

Vierzehn Tage lang habe ich hauptsächlich am Strand gesessen, auf das Meer und die Wellen geschaut und in die Seiten meines dicken Buches. Das Wetter war danach. Im Land draußen 35 Grad. Am Wasser aber 10 Grad weniger. Im Schatten, wohin ich mich öfter zurückgezogen habe, waren es noch weniger, so dass einem durch die ständige kühle Brise nach einer Stunde sogar kalt wurde und ich lieber wieder in die Sonne ging.

Der Wellengang an der See ist sehr unterschiedlich je nach Windstärke. Manchmal sind die Wellen recht kräftig. Dann kann man sich mit Lust hineinwerfen und auch durch die Wellen durchtauchen. Aber so wie an den großen Surfer-Stränden wie Hawaii oder Australien wird es aber an der Ostsee nie. Aber Wind- und Kite-Surfen geht ganz gut. Aber an ein oder zwei Tagen, war es auch einmal ganz still, und es plätscherten die Wellen nur so langsam und müde vor sich hin.

Wellen sind ja als Bild gerade allgegenwärtig. Alles fürchtet zum Beispiel die zweite Corona-Welle. Für manche ist sie schon da. Manche leugnen Corona als Gefahr ganz und gar. Und damit auch die Welle. Aber darüber will ich nicht schreiben. Ich möchte schreiben über die Welle als Grundrhythmus des Lebens überhaupt.

Die Welle rollt an. Schlägt an den Strand. Zieht sich wieder zurück. Und wieder rollt sie heran. Und wieder rollt sie zurück. Und mit ihr rollen viele kleine und mittlere Steine. Sie rollen und rollen von den Wellen bewegt. So entstand — der Strand. Steter Tropfen höhlt den Stein. Stete Welle mahlt ihn klein.

Wie viel Arbeit hat das Meer geleistet, dass ich jetzt im warmen, weichen Sand sitzen und die Wellen beobachten kann! Das hat ja so etwas Beruhigendes. Schaue ich lang auf diesen Wellengang, so werde ich ganz friedevoll. Das Wort Seele kommt ja von der See. Die Germanen glaubten, dass die Seelen in der See ruhen, und zwar die der Ungeborenen und die der Toten. Das Schauen auf den See oder die See tut der Seele gut. Ich denke Angler werden das bestätigen.

Grundrhythmen wie das Kommen und Gehen der Wellen haben es an sich, dass sie uns in den Frieden und die Ruhe und den Einklang mit uns selbst und mit der Natur bringen. Darum sollen wir da hineinfinden wie in den Atem, der kommt und geht. Sollen wir empfinden wie unser Herz schlägt und das Blut pumpt. So treu alle Tage und Nächte. Wie das Meer und seine Wellen.

Wie die Jahreszeiten, Sommer, Herbst, Winter, Frühling. So wie Sonne und Regen sich abwechseln. Oder Wärme und Kälte. Anspannung und Entspannung. Oder wie Goethe sagt: Tages Arbeit! Abends Gäste! Saure Wochen! Frohe Feste! Wie Werktag und Sonntag. Wie Beten und Arbeiten. Wie Wachen und Schlafen. Wie steht es bei Ihnen mit diesen Rhythmen? Gibt es sie noch? Sagen Sie ja dazu oder haben Sie Probleme damit? Gerade Corona hat auch viele der Rhythmen durcheinandergebracht.

Wenn die Rhythmen durcheinanderkommen, und zwar auf Dauer, nicht nur mal, werden wir krank. Wir brauchen eine rhythmische Struktur des Tages, der Woche, des Jahres. Wenn diese Strukturen und Rhythmen auf Dauer verloren gehen, ist oft Burnout die Folge. In den Ferien lassen wir ja oft erstmal die Strukturen und Rhythmen ganz beiseite, weil wir mal ganz frei sein wollen. Und das kann auch gut einmal so sein. Aber es wird auf die Dauer sehr langweilig und macht überdrüssig. Und je mehr man sich der Trägheit überlässt, um so träger und antriebsloser und trauriger macht sie. Auch das zeigt Corona als Großexperiment. Aber ich wollte ja nicht über Corona schreiben, sondern über die Wohltat von Rhythmus und Struktur. Den haben mir wieder die Wellen am Strand gezeigt. Sagen Sie ja zu den Rhythmen und Strukturen! Sie helfen uns zu leben und am Leben Geschmack zu finden.

Denn dieser Geschmack kommt nicht durch ein immer mehr des Gleichen, sondern durch den Kontrast zustande. Beim Essen durch süß und salzig oder den Wechsel von Hunger und Essen. Bei der Zeit durch Tag und Nacht, Sommer und Winter. Anspannung und Entspannung. Musik und Stille. Beten und Arbeiten. Welche Abwechslung ist schönste für Sie?

Spüren Sie dem nach. Es gibt noch viel mehr solcher Wellen…

Es grüßt Sie herzlich

Thomas Gertler SJ

02. September 2020

Gott hat der Menschheit nach der großen Flut versprochen, dass die großen Rhythmen der Natur bleiben und uns am Leben erhalten. Hier können Sie davon lesen. Das Zeichen dafür ist der Regenbogen. Dieses staunenswerte Zeichen.

Foto: Lux Raimbow Rafael – CC BY-SA 4.0

 

Genesis 8,20 - 9,17

8,20 Dann baute Noach dem HERRN [nach der Sintflut] einen Altar, nahm von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln und brachte auf dem Altar Brandopfer dar. 21 Der HERR roch den beruhigenden Duft und der HERR sprach in seinem Herzen: Ich werde den Erdboden wegen des Menschen nie mehr verfluchen; denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend an. Ich werde niemals wieder alles Lebendige schlagen, wie ich es getan habe. 22 Niemals, so lange die Erde besteht, werden Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht aufhören.

9,1 Dann segnete Gott Noach und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, mehrt euch und füllt die Erde! 8 Dann sprach Gott zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren: 9 Ich bin es. Siehe, ich richte meinen Bund auf mit euch und mit euren Nachkommen nach euch 10 und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren der Erde bei euch, mit allen, die aus der Arche gekommen sind, mit allen Wildtieren der Erde überhaupt. 11 Ich richte meinen Bund mit euch auf: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben. 12 Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen: 13 Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde. 14 Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, 15 dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch verdirbt. 16 Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch auf der Erde. 17 Und Gott sprach zu Noach: Dies ist das Zeichen des Bundes, den ich zwischen mir und allen Wesen aus Fleisch auf der Erde aufgerichtet habe.