
Foto: H. Zell - CC BY-SA 3.0
Ja, das ist jetzt bei mir dran. Und für mich ist dabei das Schlimmste das ewige Räumen, Aufräumen, Wegschmeißen, Weggeben, Ordnen. Ich entdecke Schubladen und Ecken, die ich sechs oder sieben Jahre nicht angeschaut habe. Ich wusste gar nicht, dass ich diese Sammlung von Jazzmusik noch hatte. Wohin jetzt damit? Wer hört heute noch Jazz außer solch älteren Herren wie mir?
Ja, natürlich hat es auch viel Gutes. Mein Schreibtisch war noch nie so leer wie jetzt gerade. Aufräumen, Wegschmeißen, Weggeben hat auch etwas sehr Erleichterndes. Vorher konnte und musste ich mich nicht trennen, jetzt aber kann es sein und muss es sein. Hurra, weg damit! Ja, diesen alten Anzug, den ich schon zwanzig Jahre im Schrank hängen habe, noch dazu ein Zweireiher, der hat jetzt seinen Dienst getan, auch wenn er es noch eine Weile täte. Nein, weg damit. Aber die Bücher! Das geht doch gar nicht! Doch es geht. Ja, auch dieses!
Erleichterung und zugleich Erinnerung. So viel Briefe habe ich aufgehoben! Ganz viele Freundinnen und Freunde und wie viele Familien werden bei der Durchsicht wieder präsent und stehen vor mir. Es gibt ja auch die Sitte, zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel ein Familienfoto zu machen. Da lachen sie mich jetzt noch einmal an. Wie schön, sich zu erinnern und an sie alle zu denken und auch noch ein kurzes Gebet für sie zu sprechen und den kleinen Taschensegen auf die Reise zu schicken.
Und natürlich die Begegnung mit dem „zu viel“. Von allem zu viel. Ich sammle ja gern und hebe auf. Ich könnte es ja noch mal brauchen. Und diesen Artikel aus der „Zeit“, den will ich unbedingt mal lesen. Und jetzt finde ich ihn nach Jahren ungelesen unten im großen Stapel. Damals fasziniert, jetzt ins Altpapier. Wird mich diese Erfahrung verändern? Werde ich weniger sammeln? Vielleicht ein bisschen, denn ich habe sie schon so oft gemacht. Und die Pfarrei Sankt Michael in Göttingen, in die ich jetzt umziehe, wird wohl meine letzte Stelle vor dem Altersheim. Das ist klar und darum will ich viel, viel los werden…
Oh, wenn ich doch schon in meiner neuen Heimat wäre, die so nah an meiner alten Heimat, dem Eichsfeld gelegen ist! Obwohl es erst einmal so sein wird, wie ich es schon von vielen Umzügen kenne. Es lebt sich erst einmal wie eine Schnecke ohne Haus: schutzlos, ortlos, übersensibel, nackt und unbehaust wie man sich so nun für eine Weile fühlt. Bis sich neue Vertrautheit eingestellt hat und der Schnecke ein neues Haus gewachsen ist.
Umziehen ist einerseits wie Sterben: Abschied nicht nur von vertrauten Dingen, nein, auch Abschied von vielen lieben Menschen nehmen und das haben wir jetzt schon mehrmals getan. So schön und so schmerzlich. Ja, das tut auch weh. Loslassen. Sich trennen. Adieu sagen.
Und Umziehen ist dann auch wieder wie Auferstehen, wie jünger Werden, eben ein Neubeginn. Und das gehört bei den Jesuiten zur Berufung: „nostrae vocationis est diversa loca peragrare: unsere Berufung ist, verschiedene Orte zu durchwandern“. So steht es in den Konstitutionen des Ordens und so habe ich es schon oft geübt.
Ja, das wird auch schön werden mit dem Umzug und besonders mit dem Ankommen im gelobten Land, denn nun komme ich nach zehn Jahren als Einsiedlerkrebs wieder in eine kleine Gemeinschaft von Jesuiten. Das wird mir gut tun. Auch weil es wieder eine Herausforderung ist.
Und das kann ich trotz und bei all der Bedrängnis des Umzugs wieder sagen und bezeugen: Gott führt und geleitet, sendet Hilfe und Helfer und fügt alles zusammen. So erfahre ich es auch jetzt wieder. Gott sei Dank! Und vielen lieben Menschen!
Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ
17. Juli 2019
Das ist ja schon Grundverfassung des Volkes Israel, nämlich ein pilgerndes Volk zu sein, das immer wieder umziehen muss. Das sehen wir am Bibeltext heute aus dem 5. Buch Mose oder dem Deuteronomium. Man nennt diesen Text auch das kleine Credo des Gottesvolkes, in dem es seine Erfahrungen mit Gott, der mitgeht und schützt und seine Verheißungen wahrmacht und in das gelobte Land führt mit all seinem Reichtum. Darum bringt das Volk voller Dank die Erstlingsfrüchte dar.
Deuteronomium 26,1 - 11
26,1 Wenn du in das Land, das der HERR, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, hineinziehst, es in Besitz nimmst und darin wohnst, 2 dann sollst du von den ersten Erträgen aller Feldfrüchte, die du in dem Land, das der HERR, dein Gott, dir gibt, eingebracht hast, etwas nehmen und in einen Korb legen. Dann sollst du zu der Stätte ziehen, die der HERR, dein Gott, erwählen wird, indem er dort seinen Namen wohnen lässt.
3 Du sollst vor den Priester treten, der dann amtiert, und sollst zu ihm sagen: Heute bestätige ich vor dem HERRN, deinem Gott, dass ich in das Land gekommen bin, von dem ich weiß: Er hat unseren Vätern geschworen, es uns zu geben. 4 Dann soll der Priester den Korb aus deiner Hand entgegennehmen und ihn vor den Altar des HERRN, deines Gottes, stellen.
5 Du aber sollst vor dem HERRN, deinem Gott, folgendes Bekenntnis ablegen: Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder mit wenigen Leuten und wurde dort zu einem großen, mächtigen und zahlreichen Volk. 6 Die Ägypter behandelten uns schlecht, machten uns rechtlos und legten uns harte Fronarbeit auf.
7 Wir schrien zum HERRN, dem Gott unserer Väter, und der HERR hörte unser Schreien und sah unsere Rechtlosigkeit, unsere Arbeitslast und unsere Bedrängnis.
8 Der HERR führte uns mit starker Hand und hoch erhobenem Arm, unter großem Schrecken, unter Zeichen und Wundern aus Ägypten, 9 er brachte uns an diese Stätte und gab uns dieses Land, ein Land, wo Milch und Honig fließen. 10 Und siehe, nun bringe ich hier die ersten Erträge von den Früchten des Landes, das du mir gegeben hast, HERR. Wenn du den Korb vor den HERRN, deinen Gott, gestellt hast, sollst du dich vor dem HERRN, deinem Gott, niederwerfen. 11 Dann sollst du fröhlich sein und dich freuen über alles Gute, das der HERR, dein Gott, dir und deiner Familie gegeben hat: du, die Leviten und die Fremden in deiner Mitte.