Sand oder Öl im Getriebe?

Foto: Netojinn - CC BY-SA 4.0

Mein Fahrrad steht leider im Freien. Das tut ihm nicht gut. Nach dem Winter sind viele Teile, einschließlich Kette ganz verrostet. Wie gut tut da das Öl! Nur ein paar Tropfen und die Kette läuft wieder wie geschmiert. Wie anders ist es, wenn Sand im Getriebe ist. Das knirscht und schmirgelt und geht gar nicht. Aber meistens ist das Wort vom Sand im Getriebe ja ein Ausdruck für zwischenmenschliche Probleme, die auch solch ein Knirschen und Schmirgeln hervorrufen und wo alle leiden. Welches Öl hilft dagegen?

Jeder weiß, wie gut Olivenöl zum Kochen ist. Viele Bücher gibt es über das Olivenöl. Und das deutsche Wort Öl kommt überhaupt daher. Das lateinische „oleum“ bzw. das griechische „élaion“ meint nämlich ganz speziell das Olivenöl. Als ich noch in Augsburg wohnte, habe ich mir oft abends eine Gemüsesuppe gekocht. Das ging immer mit Olivenöl, Zwiebeln, Paprika, Sellerie los, dann später kamen, Wasser, Blumenkohl, Weißkohl, Möhren, Tomaten und mehrere andere Gemüse, je nach Jahreszeit dazu… Sehr gesund, sehr gut verdaulich, sehr wenig Kalorien…

Olivenöl ist nicht nur zum Kochen gut. Es ist auch so gut als Grundlage für Hautcreme und andere Schönheitsmittel. Gegen Hitze und Austrocknung salbte man früher das Haar mit Öl. Das Öl ist also Heilmittel und Schönheitsmittel, und das seit ältesten Zeiten. Und das ist natürlich auch für das Leben mit Gott wichtig. Wir kommen noch darauf.

Kennen Sie den Brauch, am Morgen vor dem Duschen oder Waschen einen kleinen Schluck Sonnenblumenöl zu nehmen und damit den Mund zu spülen. Das Öl nimmt alle Ausscheidungen der Nacht auf. Darum nachher ja nicht runterschlucken, sondern in ein Papiertaschentuch oder ähnliches spucken und weg damit. Seit ich das tue, habe fast keine Zahnfleischprobleme mehr. Öl ist so heilsam.

Das waren alles mehr oder weniger Alltagsanwendungen für das Öl. Dass das Öl auch ein wichtiges Bild für den Heiligen Geist ist und an vielen Stellen im Leben der Kirche vorkommt, das will ich heute betrachten. Sie, liebe Leserin, lieber Leser haben den ersten frommen Hautkontakt mit Öl gehabt, als Sie getauft wurden. Da wurden Sie mit Katechumenen Öl und dann mit dem berühmten Chrisam gesalbt. Beides auch auf der Grundlage von Olivenöl hergestellt.

Chrisam ist seit biblischen Zeiten das Salböl für Könige, für Propheten und Priester: Olivenöl und wertvolle Duftstoffe kamen mit hinein. Und zu Königinnen, Prophetinnen und Priesterinnen sind auch Sie damals gesalbt worden. Und diese Salbung ist gerade Zeichen für den Heiligen Geist, den Sie mit der Salbung empfangen. Und Gesalbter heißt auf Griechisch Christus oder „christos“, auf Hebräisch Messias. Und danach heißen die Christen, also alle nach der Salbung mit dem Heiligen Öl und damit mit dem Heiligen Geist. Und natürlich, weil wir an Jesus von Nazareth als den Messias oder Christus glauben.

Nichts anderes will dieses Salböl bezeichnen, nämlich den Heiligen Geist. Und das bedenken wir meist viel zu wenig: Öl als Bild für den Heiligen Geist. Aber das lässt sich so unmittelbar und leicht übertragen: Das Öl des Heiligen Geistes als Heilmittel, wenn es schmirgelt und knirscht und kratzt in der Gemeinschaft. Öl des Heiligen Geistes lindert das und heilt. Denn der Heilige Geist ist Liebe und Verstehen. Das brauchen wir so sehr in Kirche und Welt.

Öl ist Mittel der Schönheit. Schönheit ist eine der stärksten Anziehungskräfte des Glaubens. Vom Gesamtkunstwerk eines gut vorbereiteten und gefeierten Gottesdienstes, über die Schönheit der Architektur der Romanik, der Gotik, des Barock, ja auch vieler moderner Kirchenbauten, die unmittelbar unser Inneres ansprechen bis hin zur Kirchenmusik, bis hin zu Johann Sebastian Bach, der für viele der 5. Evangelist ist und dessen heuer in Leipzig gedacht wird. Ergreifende Schönheit ist ein Zeichen des Heiligen Geistes. Das ist eine eigene Meditation wert. All das will das Heilige Öl uns nahebringen.

Es grüßt sie herzlich
Thomas Gertler SJ

14. Juni 2023

Auf dem Bild unten wird David von Samuel zum König über Israel gesalbt. Das Öl Horn leert Samuel über dem Haupt des jungen David. Als Bibeltext habe ich den Psalm 133 ausgewählt, wo genau die erwähnte Wirkung des Geistes Gottes im Bild des Öls geschildert wird, nämlich das Bild der Einheit, der Gemeinschaft, die läuft wie ein gut geöltes Getriebe und ist schön wie ein gut gegeltes Haupt…Vor Fettflecken hatte der Psalm Dichter keine Angst.

Foto: Dguendel - CC BY 3.0

Psalm 133, 1 - 3

133,1 Ein Wallfahrtslied. Von David. Siehe, wie gut und wie schön ist es, wenn Brüder [und Schwestern] miteinander in Eintracht wohnen. 2 Es ist wie köstliches Salböl auf dem Haupt, / das hinabfließt auf den Bart, den Bart des Aaron, das hinabfließt auf den Saum seines Gewandes. 3 Es ist wie der Tau des Hermon, der niederfällt auf die Berge des Zion. Denn dorthin hat der HERR den Segen entboten, Leben bis in die Ewigkeit.