
Foto: Thomas Gertler
Mit einer Gruppe von guten Freunden haben wir einen Wochenend-Ausflug in den Harz gemacht. Nach Tanne. Das liegt zwischen Sorge und Elend, ja, wirklich, schauen Sie nach! Einen ganzen Tag sind wir durch den Wald gewandert. Vorausschauend schon hatten viele Tüten und Beutel für mögliche Pilze mitgenommen. Wie gut, denn wir haben Unmengen von Steinpilzen gefunden. Teilweise ganz große und schwere. Einen sehen Sie ja oben. Aber es waren auch andere darunter wie der eindrucksvolle Regenschirmpilz. Hoch edel – in Aussehen und Geschmack.
Es war eine unglaublich reiche Ernte. Weder Sorge noch Elend, sondern Fülle. Und so ganz überraschend. Wir konnten gar nicht alles Gefundene und Entdeckte mitnehmen. Unsere Tüten und Beutel waren bald randvoll. An die dreißig Kilo haben wir heimgebracht. Das habe ich noch nie erlebt. So ein Reichtum. So ein Geschenk. Wir haben gar nichts dazu getan, als sie zu sammeln und heimzutragen.
Und am Abend gab es dann ein überreiches Pilzgericht. Die übrig gebliebenen Pilze wurden zum Trocknen in kleine Teile zerschnitten und auf Backpapier gelegt. Die Parasole kamen als Ganzes mit ihren großen Schirmen auf das Papier. Küche und Esszimmer dufteten nach den edlen Pilzen.

Foto: Thomas Gertler
So etwas gibt es also, so eine überraschend reiche Ernte, wo wir nicht gesät hatten. Freilich muss man Pilze kennen. Ich wäre zum Beispiel damit völlig überfordert gewesen. Denn ich kenne mich mit Pilzen nicht aus. Zwar habe ich sie auch überall sprießen sehen, aber mir wäre die reiche Ernte entgangen. Typisch - ein Theologe verpasst mal wieder ein gewissermaßen biblisches Ereignis. Denn von ähnlichen Erfahrungen berichtet die Bibel ja ab und zu. Von den Wachteln in der Wüste (Exodus 16,9ff) bis zum Weinwunder von Kana (Joh 2) oder zur Brotvermehrung (Mk , wo von fünf Brotfladen und zwei Fischen zwölf Körbe übrig bleiben.
So eine unerwartet reiche Ernte macht dankbar und froh. Haben Sie schon Ähnliches erlebt? Vielleicht im eigenen Garten? Gerade bin ich in einem Haus, das einen solchen großen Garten hat mit vielen Obstbäumen, die auch jetzt noch im November voll hängen und wo Äpfel und Birnen am Boden liegen. Da erntet niemand mehr. Früher sicher. Heute nicht mehr. Und das sieht ja jeder von uns immer wieder. Bäume an Wegen voller Äpfel und voller Pflaumen und anderem Obst. Es wird nicht mehr geerntet. Das tut weh. Es fällt runter und wird zertreten.
Also erstens Wahrnehmen der Fülle und zweitens Ernten der reichen Fülle. Drittens Teilen der reichen Fülle und viertens danken für die Geschenke. Wenn wir das tun, fällt uns vielleicht ein, wofür wir sonst noch dankbar sein können. Wo es sonst solche reiche Ernte gibt. Das fiel uns auch ein. Der Freundeskreis trifft sich seit den Studentenzeiten Mitte der achtziger Jahre in Leipzig. Immer wieder. Immer noch. Er hat die Wende überstanden und blieb beisammen. Und auch die Ehepaare blieben beisammen. Das ist gar nicht selbstverständlich, sondern ein großes Geschenk. Freilich muss es auch gewollt und gepflegt sein. Wahrnehmen, ernten, teilen, danken.
Wo gibt es in Ihrem eigenen Leben solch reiche, unerwartete, geschenkte Ernte? Schauen Sie! Es gibt sie. Vielleicht an Ecken, wo Sie sie für ganz selbstverständlich gehalten haben. Ach so ja, das! Na klar. Denn das ist meistens so, dass wir das Gute für selbstverständlich halten. Das Gute und Gelingende soll es ja sein. Gesundheit. Begabte und gesunde Kinder und Enkel. Ein frohes Gemüt und eine geschickte Hand. Ein Auskommen. Eine gute Ehe. Schauen Sie einmal nach Ihrer reichen Ernte. An einer unerwarteten Ecke da steht sie… Wahrnehmen! Ist bei dem, was uns selbstverständlich vorkommt, gar nicht einfach.
Herbst ist die Jahreszeit der Ernte und der Fülle. Und es ist nicht nur unsere Ernte. Die Fülle jetzt an schönem, farbenreichem Laub. Die Fülle an verschiedensten Beeren an den Sträuchern. Für uns häufig gar nicht essbar, aber eine Fülle an Vogelbeeren, an Samen, an Bucheckern, ach so viel!
Wahrnehmen, Ernten, Teilen, Danken.
Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ
6. November 2019
Das Gleichnis vom Weinstock im Johannesevangelium will, dass wir reiche Frucht bringen. Gott tut viel, dass wir fruchtbar sind. Das Gleichnis schildert des geistlichen Weg der Christen. Wir werden fruchtbar sein, wenn wir mit Christus verbunden bleiben.
Johannes 15,1 - 16
15,1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer. 2 Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. 3 Ihr seid schon rein kraft des Wortes, das ich zu euch gesagt habe. 4 Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. 6 Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. 8 Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet. 9 Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! 10 Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. 11 Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. 12 Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. 13 Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. 14 Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. 15 Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. 16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.