
Foto: Åsa Berndtsson - CC BY 2.0
Ja, genau so ein Zitronenfalter ist knallgelb vor meinen Augen geflattert bei meinem Osterspaziergang in Heiligenbronn am Fuße des Schwarzwaldes. Er war so sehr lebendig und leuchtete ganz stark, zitronengelb, wie es sein Name sagt, und wie er so vor mir durch die blaue Frühlingsluft zog. Ein Zeichen der Hoffnung und ein Zeichen für österliche Wandlung. Gerade vor meinen Augen in den Farben der Ukraine: blauer Himmel und gelber Falter.
Der Schmetterling ist seit alters her Symbol für Ostern. Die Raupe, die mehrfach ihr Kleid ablegt und weiterwächst, bis sie sich verpuppt und dann als ein ganz und gar verwandeltes Wesen aus dem versponnenen Kokon hervorkommt, sich entfaltet und als Schmetterling davonfliegt. Bild für Auferstehung und Ostern, weil es einerseits immer das immer gleiche Insekt ist, egal ob Raupe, Kokon oder Schmetterling und weil es andererseits so eine unglaublich starke Wandlung durchmacht bis zum prächtigen Falter.
Christus am Kreuz – „ich bin ein Wurm und kein Mensch“ (Ps 22,6) – und dann Christus mit den Leinenbinden umwickelt im Grabe – und dann sein Herausgehen als der Auferstandene in strahlendem Glanz, ganz unbemerkt durch den Rollstein hindurch. Erst der Engel wälzt dann den Stein für die Frauen. Der Auferstandene aber geht durch den Fels, wie er dann durch die verschlossenen Türen geht. Er ist nicht mehr gebunden an Raum und Zeit. Also der Unterschied zwischen Raupe und Schmetterling ist nicht so groß wie der zwischen dem Leib des Gekreuzigten und dem Leib des Auferstandenen.
Der Leib des Auferstandenen ist sein eigener Leib, nämlich der Leib des Gekreuzigten, aber zugleich ist er eine neue Schöpfung. Durch göttlichen Eingriff. Er ist eine neue Weise der Leiblichkeit. Es gibt also etwas Durchhaltendes und Bleibendes und es gibt zugleich einen Bruch, etwas Neues. Und das ist mehr als ich bisher mit meinem Leib erlebt habe, obwohl das ja auch erheblich ist. Denn wenn ich mir ein Foto-Album aus meiner Kindheit betrachte, so habe ich mit drei Jahren einen ganz anderen Leib gehabt als mit Vierzehn oder heute mit Siebzig nochmal ganz anders. Dennoch die gleiche Person, der gleiche Leib. Wirklich der gleiche Leib? Ich habe mal gelernt, dass der menschliche Leib sich alle sieben Jahre komplett erneuert. Das stimmt nicht ganz. Manche Zellen erneuern sich immerzu, wie zum Beispiel die Zellen der Haut. Andere bleiben fast lebenslänglich die gleichen, wie die Zellen des Herzes oder die Zellen des zentralen Nervensystems. Wir sind also im ständigen Austausch mit der Umwelt und wandeln uns sehr heftig. Dennoch bleibt unsere Identität und wir erkennen uns als Kinder und alte Leute auf den Fotos wieder…
Das was uns nach dem Tod bei unserer Auferstehung erwartet, ist aber etwas ganz Neues. Die Erzählungen von Ostern versuchen das in vorstellbare Geschichten zu kleiden: Jesus geht durch verschlossene Türen. Er kommt und geht, er ist sichtbar und dann gleich wieder verschwunden. Er ist richtiger Mensch. Er hat einen Leib. Er kann essen. Er wird aber nicht einfach am Äußeren, dem Gesicht zum Beispiel, erkannt. Er ist ein anderer. Seine Identitätsmerkmale sind jetzt: Seine Wundmale, die er zeigt, ja, sogar berühren lässt. Der Gestus des Brotbrechens, der allen vertraut war, und bei Maria Magdalena die Weise, wie er ihren Namen ausspricht.
Mit der Auferweckung von den Toten hat die Neue Schöpfung begonnen, das Reich Gottes mitten in dieser von Tod und Unheil gezeichneten und verunstalteten Welt. Und im Glauben können wir sie wahrnehmen, nicht so wie die Jünger, aber doch wirklich. Im Trost des Gebetes, im Trost des gemeinsamen Gottesdienstes, in der Freude des Heiligen Geistes, in der Liebe, die getan wird. In der Hoffnung, die lebt und nicht untergeht. Im Glauben, der uns feststehen lässt, wenn alles wankt.
Und im Schmetterling und in der neu erwachenden Natur rings um uns, die uns Hoffnung geben.
Es gibt ein wunderbares Schmetterlingsreliquiar im Regensburger Dom, das können Sie hier betrachten.
Es greift auch das Bild des Schmetterlings auf, um die Auferstehung zu verkünden.
Wenn Ihnen so ein wunderbarer Schmetterling begegnet, denken Sie auch an die Hoffnung auf das Leben der Auferstehung!
Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ
27. April 2022
Matthäus schildert uns in mächtigen Bildern, wie die ersten Jüngerinnen und wie die Soldaten von der Auferweckung erfahren – gesehen worden ist sie selbst von niemandem. Der Engel bringt Kunde und öffnet das leere Grab. Aber für die Hohenpriester darf es die Auferstehung nicht geben. Sie versuchen die Kunde davon unglaubwürdig zu machen mit Gerüchten, die sich bis heute halten.
Matthäus 28, 1 - 15
1 Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. 2 Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. 4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot. 5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. 6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag! 7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. 8 Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden. 9 Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. 10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen. 11 Noch während die Frauen unterwegs waren, siehe, da kamen einige von den Wächtern in die Stadt und berichteten den Hohepriestern alles, was geschehen war. 12 Diese fassten gemeinsam mit den Ältesten den Beschluss, die Soldaten zu bestechen. Sie gaben ihnen viel Geld 13 und sagten: Erzählt den Leuten: Seine Jünger sind bei Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen. 14 Falls der Statthalter davon hört, werden wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr nichts zu befürchten habt. 15 Die Soldaten nahmen das Geld und machten alles so, wie man es ihnen gesagt hatte. Und dieses Gerücht verbreitete sich bei den Juden bis heute.