Nur mal kurz die Welt retten…

 

Das ist eine Zeile aus einem großartigen Lied von Tim Bendzko mit einem ähnlichen Titel. In dem Lied geht es allerdings nicht darum, schnell mal die Welt zu retten, sondern darum, „nur vorzugeben, etwas ganz Wichtiges zu tun, um eigentlich Freizeit zu haben.“

Und das atmet dann das ganze Musikvideo: Freizeit, Rumfahren, Rumsitzen, Spielen, Abhauen und Abmelden von sich selbst und der rettungslosen Welt. Leicht und ohne Verantwortung leben.

Was ich Ihnen jetzt vorschlage, ist eine Meditation darüber, wie denn Gott tatsächlich die Welt rettet und nicht wie alle unsere Super Heros mal eben schnell, sondern von Jesus an bis heute, und zwar auf sehr merkwürdige Weise. Aber wir wollen meditieren…

Zuerst suche ich mir einen Platz, an dem ich gut eine halbe Stunde in Ruhe sitzen kann. Ich suche Kontakt mit dem Boden über meine Füße. Ich spüre, wie ich sitze und der Stuhl mich trägt. Möglichst spüre ich da auch die Sitzhöcker, die genau darum ihren Namen haben. Den Rücken richte ich auf. So, dass er mich gut trägt, ohne nach vorn zusammenzusinken oder sich nach hinten anlehnen zu müssen. Am Scheitelpunkt meines Kopfes stelle ich mir einen Faden vor, der mich zum Himmel zieht. Ich spüre meinen Atem. Er strömt durch die Nase bis in den Bauch – ein und aus. Er kommt von ganz allein. Ich spüre die Stille, wenigstens hier im Raum.

Nun bete ich: Guter Gott und Herr, ich bitte dich um die Gnade, dass ich mit all meinen Gedanken, mit meinem Herzen und allen Gefühlen auf Dich ausgerichtet bin, dass ich Dich spüre, dich höre und dass ich bereit bin für Dich, für Dein Wort und Deinen Willen.

Und nun bereite ich mir innerlich einen Ort oder Schauplatz für die Meditation. Ich schaue vom Weltall auf diesen wunderbaren blauen Planeten. So wie oben zu sehen. Oder wenn Sie es in einem Film wollen:

 

Allerdings versuche ich nun, die Welt nicht mit den Augen der NASA zu sehen, sondern mit den liebenden Augen des dreifaltigen Gottes. Und diese Augen Gottes schauen nicht nur so allgemein. Sie sehen jede Einzelheit dieser Erde, dieser schönen und gepeinigten Erde. Sie haben alle Menschen und einen jeden einzelnen im Blick – auch mich, und zwar voll Liebe und Barmherzigkeit.

Die einen gerade zur Welt kommend, die anderen sterbend. Die einen lachend und die anderen weinend. Die einen im Frieden, die anderen im Krieg. Die einen gesund, die anderen krank. Die einen betend, die anderen fluchend. Die einen weißhäutig, die anderen dunkelhäutig. Die einen im Süden, die anderen im Norden. Die einen im Westen, die anderen im Osten. All das sehe ich und höre ich.

Und die Dreieinigkeit sieht: diese ganze Welt ist dabei, zugrunde zu gehen. Ohne das Erbarmen und die Liebe Gottes geht alles zugrunde und verloren. Und auch ich nehme das wahr. So in tödlicher Gefährdung ist die Welt – bin auch ich.

Und ich vernehme Gottes Ratschluss, diese Welt zu retten. Der Sohn Gottes soll nach dem Willen des Vaters Mensch werden in der Kraft des Heiligen Geistes. Und in diesen Ratschluss, alles und alle zu retten zu werden, bin auch ich mit eingeschlossen.

Und nun schaue ich noch einmal auf diese Welt. Die ganze riesige Welt. Und nun zoome ich in ein Zimmer in der kleinen Stadt Nazareth. Aus dem Universalen ins Konkrete. Dahin sendet Gott seinen Engel. Das ist Seine ganz eigentümliche Weise, die Welt zu retten. Nicht an uns vorbei, sondern uns einbeziehend und nur wenn und so weit wir wollen.

Verkündigung an Maria von Henry Ossawa Tanner (1898)

 

Und der Engel Gabriel grüßt Maria und fragt sie, ob in ihr das Wort Fleisch werden kann, ob sie bereit ist, bei diesem universalen Werk ihren konkreten Teil beizutragen. Und sie antwortet ihm: „Es geschehe…“ Und so geschieht es.

Und ich schaue noch einmal dieses Ganze. Diesmal zoome ich allerdings hierher in mein Zimmer. Und jetzt sehe ich Gottes Boten in dieses mein Zimmer kommen und er spricht mich mit meinem Namen an und fragt mich wie Maria: Bist Du bereit, dass das Wort in Dir Fleisch werden kann? Bist Du bereit, Deinen konkreten Teil an diesem universalen Werk der Rettung der Welt beizutragen?

Was antworte ich?

Ich schließe mit einem persönlichen Gebet und mit einem Vaterunser und einem Ave Maria.

Viele Grüße
Thomas Gertler

30. Mai 2018

 

Diese Betrachtung ist die moderne Fassung einer Betrachtung, die Ignatius von Loyola (1491-1556) in seinen Exerzitien (Nr. 101-109) vorlegt. Und sie geht natürlich auf das Lukas-Evangelium zurück.

Lk 1,26 - 38

1,26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret 27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria.
28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. 29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. 30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. 32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. 33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. 34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? 35 Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. 36 Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. 37 Denn für Gott ist nichts unmöglich. 38 Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.