
Foto: Thomas Gertler
Vor Augen steht mir ein Vater oder auch eine Mutter, die ihr Kind in die Luft empor wirft und wieder auffängt. Kinder finden das ganz toll. Es ist ein Spiel von Angst und Freude zugleich. Es ist ein Vertrauensspiel. Ja, die Mutter fängt mich auf, aber es ist auch spannend. Oft zögert zum Beispiel der Vater noch und fängt erst im letzten Moment, dann jauchzt das Kind, wenn es doch noch in den offenen Armen sicher landet.
Offene Arme sind das Entscheidende bei diesem Spiel, und zwar auf beiden Seiten: bei den Eltern, aber auch beim Kind. Beide müssen sich ausstrecken, fangen mit beiden Händen, umarmen und fest halten, sonst ist es gefährlich.
Was ich als Kind dabei lerne, ist das Vertrauen, dass ich tatsächlich aufgefangen werde und dass es gut geht, auch wenn es spannend ist und auch schief gehen könnte. Dieses Vertrauen ist die Grundlage alles menschlichen Zusammenlebens. Wir nennen es darum auch Grund- oder Ur-Vertrauen. Wenn das erschüttert ist oder schwach oder gar nicht vorhanden ist, dann kann ich kaum einen Schritt aus meinem Haus, aus mir selbst heraus tun, ins Leben hinein tun. Unmöglich.
Natürlich habe ich nicht nur das Eltern-und Kinderspiel vor Augen. Natürlich ist es die ausgestreckte Sehnsucht der Menschheit nach Erlösung und Liebe, und natürlich ist es das himmlische Kind, das da hoch vom Himmel herkommt und sich sehnt und darauf freut, von uns mit offenen Armen aufgenommen zu werden. Und das zeigt uns, dass nicht nur wir immer wieder mit unserem Vertrauen auf Gott herausgefordert sind, sondern dass auch Gott ein großes Wagnis eingeht, sich als Kind in unsere Hände zu begeben. Ja, dass Gottes Vertrauen in uns, die wir keineswegs immer offene Arme und Herzen haben, wohl größer ist und sein muss, als unser Vertrauen auf den guten Gott. Wir wissen ja, dass er keineswegs von allen mit offenen Armen aufgenommen wurde und aufgenommen wird (Joh 1,11: Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf). Dennoch ist er hinabgesprungen und hat das Vertrauensspiel gewagt.
Und das fordert nun uns heraus, das Vertrauen zu haben, wenn wir selbst wieder einmal springen sollen, oder eben auch nur den nächsten Schritt aus uns heraus, über uns hinaus zu tun. Ich weiß, irgendwann steht auch bei mir wieder eine Veränderung, ein Umzug, eine neue Aufgabe an. Schrecklich. Ich hasse Umzüge. Es ist mir ein Graus. So viel muss aufgeräumt, geordnet, entschieden werden: Kann das weg? Muss das weg? Umziehen heißt für eine Weile leben wie eine Weinbergschnecke ohne Schneckenhaus. All das fürchte ich. Fürchten sicher viele. Wenige sind das Umziehen gewöhnt…Es kann aber auch eine ganz andere Herausforderung sein, vor der Sie, liebe Leserin, lieber Leser, gerade stehen.
Das obige Bild von Advent und Weihnachten mit dem fröhlich springenden Christkind will mir auch die andere Seite zeigen. Ja, Angst ist da, gehört immer mit zum Leben, aber spring auch mit Vertrauen und mit Freude! Du wirst aufgefangen. Ja, das soll mich jetzt Weihnachten lehren: Mit Freude und offenen Armen springen und das Wagnis wagen. „Freut euch, denn der Herr ist nahe!“ (Phil 4,4f) Er kommt mit offenen Armen und Freude auf uns zu. Vertraue nur!
Frohe und gesegnete Zeit bis Weihnachten und zu Weihnachten!
Thomas Gertler SJ
19. Dezember 2018
Philippi war die erste Stadt Europas, die Paulus besuchte und in der er eine Gemeinde gegründet hat, die ihm besonders lieb war. Das merkt man bis heute seinem Brief an die Gemeinde von Philippi an.

Foto: Berthold Werner - CC BY-SA 3.0
Hier wurde nach der Überlieferung Lydia von Paulus getauft. Die erste Christin aus der Stadt Philippi, vgl. Apostelgeschichte 16,14-15. Man hat dort zur Erinnerung diese Taufkirche (Baptisterium) gebaut.
Phil 4,4 - 9
4,4 Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! 5 Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. 6 Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! 7 Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren. 8 Im Übrigen, Brüder und Schwestern: Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht! 9 Und was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.