
Foto: Katie Tegtmeyer - CC BY 2.0
Es geht diesmal darum, eine Betrachtung oder „contemplatio“ zu machen. Dazu lade ich Sie ein. Es ist die wohl schönste Betrachtung aus dem Exerzitienbuch des heiligen Ignatius, dessen Fest wir am 31. Juli feiern. Von seiner Betrachtung lasse ich mich anregen und lade Sie dazu ein. Es ist „die Betrachtung, um Liebe zu erlangen – contemplatio ad amorem obtinendum“. Hier finden Sie diese Betrachtung im Original in deutscher Übersetzung.
Wir suchen uns einen Platz, wo wir ungestört eine gute halbe Stunde oder auch gern eine ganze Stunde sitzen können. Im Zimmer, in der Kirche, auf einer Wiese.
Ich mache mir bewusst, was ich jetzt tun will, nämlich Gottes Liebe zu mir und in meinem Leben zu erfahren und darauf mit meiner Liebe zu antworten. Darum beten wir:
Zwei wichtige Erkenntnisse über die Liebe sollen dabei beachtet werden.
- Liebe sollte sich mehr in Taten als in bloßen Worten ausdrücken.
- Liebe besteht immer in der gegenseitigen Mitteilung oder Kommunikation, aber auch da zuerst in den Taten des Teilens. Ich gebe dem anderen von dem, was ich bin und was ich habe. Und es drückt sich darin aus, dass ich zuletzt und eigentlich mich selbst mitteile und schenke. Und umgekehrt, dass der andere sich mir schenken und mitteilen will.
Und jetzt gehe ich mein Leben durch und rufe mir ins Gedächtnis, was ich alles empfangen und geschenkt bekommen habe. Und ich beginne ganz von vorn bei meinem Lebensanfang, der mir im Dunkeln liegt, nur was meine Eltern oder andere erzählt haben weiß ich über meine Geburt und meine ersten Lebensjahre. Und doch hat mich die damals empfangene Liebe geprägt und gibt mir ein Grundvertrauen in die Menschen und die Welt bis heute. Ja, der Mensch und diese Welt sind grundsätzlich gut, liebevoll, vertrauenswürdig. Ja, damals habe ich auch schon auf diese empfangene Liebe geantwortet und gelächelt und meine Eltern angestrahlt. Wie sehr habe ich die Mutter geliebt und aufgeschaut zum Vater.
Ich erinnere mich an Zeiten des Glücks. Wie ich als Kind gespielt und geträumt habe. Wie ich mich freuen konnte. Was war mein Lieblingsspielzeug? Gibt es ein Bilderbuch, an das ich mich erinnere? Urlaub an der See oder in den Bergen? Aber vielleicht auch an erste Tränen, an Ängste und Herausforderungen und wie mir Eltern, Geschwister, Freunde da beigestanden und geholfen haben. Und überhaupt erste Freunde, erste Liebe und Sehnsucht!
Habe ich damals auch schon gebetet? Mit den Eltern abends? Habe ich mit ihnen gebetet für die kranke Oma. Für hungernde Kinder. Sogar für unseren Dackel? Das war natürlich mein kindliches Anliegen damals.
Überhaupt die Tiere und die Natur. Wie sind sie mir damals begegnet? Das allein ist ja vielleicht schon eine Stunde wert. Wie viele Gänge in den Wald habe ich mit unserem Hund gemacht. Und der hat sich immer gefreut wie verrückt, wenn ich mit der Hundeleine kam. Oder die Pferde und Kühe und Schweine in meinen Ferien auf dem Bauernhof. Wie vertrauensvoll die Pferde an den Zaun kamen und sich über die Nüstern streicheln ließen.
Oder auch die Pflanzen. Wie unser Vater uns beibrachte, was Weizen, was Gerste, was Roggen ist. Wie wir dann auch einmal eine Weizenähre gerubbelt und dann die Körner gegessen haben. Oder auch jungen Mais. Wie süß der schmeckte. Natürlich unvergleichlich würziger und süßer waren die Erdbeeren im Wald oder die Heidelbeeren direkt vom Strauch. Wie gut ist die Natur zu uns. Wie sie sich auch mitteilt und verschenkt und wie sie uns gut tut an Seele und Leib!
O, ich merke, es geht jetzt schon über den normalen Textumfang hinaus und ich bin noch bei der Kindheit. Also nur noch Stichworte. Alle diese schönen, wichtigen Erfahrungen meines Lebens gehe ich durch. Auch die schweren, wie ich daran wachsen konnte und dennoch begleitet war. Und das Wichtigste:
In all dem kommen nicht nur der Reichtum der Schöpfung, die Schönheit der Natur, die Liebe von so vielen Menschen zu mir, in all dem kommt zugleich Gottes Liebe zu mir und teilt sich mir mit. Und das nicht nur so allgemein für alle. Nein, ich selbst, ich ganz persönlich bin damit gemeint. Sagen Sie sich das laut mit Ihrem eigenen Namen! Das will ich heute sehen und annehmen und anerkennen. Sehen und annehmen und anerkennen, dass es GOTT ist mit seiner Liebe. So ist es! So unglaublich und so wahr!
Und da spüre ich dann, wie in mir selbst die Liebe aufsteigt und wie sie antworten will auf diese empfangene und erfahrene Liebe.
Es grüßt Sie herzlich und wünscht Ihnen einen guten und erholsamen Sommer
Thomas Gertler SJ
26. Juli 2017
PS: Wir machen jetzt vier Wochen Pause bis zum September. So lange, denn wir wollen in dieser Zeit unsere Homepage neu aufsetzen, weil manches nicht mehr oder nur noch sehr mühsam geht. Aber Sie können natürlich viele, viele alte Impulse lesen.
Was kann hier anderes stehen als das Hohelied der Liebe des Paulus, wie er es an die Korinther geschickt hat und wie es unzählige Male durch die Jahrhunderte gelesen und meditiert worden ist.

"Die Liebe höret nimmer auf"
Foto: MarkGGN - CC BY-SA 3.0
1 Kor 13, 1 - 13
13,1 Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, / hätte aber die Liebe nicht, / wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte / und alle Geheimnisse wüsste / und alle Erkenntnis hätte; / wenn ich alle Glaubenskraft besäße / und Berge damit versetzen könnte, / hätte aber die Liebe nicht, / wäre ich nichts. 3 Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte / und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe, / hätte aber die Liebe nicht, / nützte es mir nichts. 4 Die Liebe ist langmütig, /die Liebe ist gütig. / Sie ereifert sich nicht, / sie prahlt nicht, / sie bläht sich nicht auf. 5 Sie handelt nicht ungehörig, /sucht nicht ihren Vorteil, / lässt sich nicht zum Zorn reizen, / trägt das Böse nicht nach. 6 Sie freut sich nicht über das Unrecht, /sondern freut sich an der Wahrheit. 7 Sie erträgt alles, / glaubt alles, / hofft alles, / hält allem stand. 8 Die Liebe hört niemals auf. / Prophetisches Reden hat ein Ende, / Zungenrede verstummt, / Erkenntnis vergeht. 9 Denn Stückwerk ist unser Erkennen, / Stückwerk unser prophetisches Reden; 10 wenn aber das Vollendete kommt, / vergeht alles Stückwerk. 11 Als ich ein Kind war, / redete ich wie ein Kind, / dachte wie ein Kind / und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, / legte ich ab, was Kind an mir war. 12 Jetzt schauen wir in einen Spiegel / und sehen nur rätselhafte Umrisse, / dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, / dann aber werde ich durch und durch erkennen, / so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. 13 Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; / doch am größten unter ihnen ist die Liebe.