Let it be …!

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Der alte Beatles-Song stammt von Paul McCartney aus dem Jahr 1970. Es ging ihm und der Band wegen ihres wilden Lebens gerade nicht so gut. Da träumte er nachts von seiner früh verstorbenen Mutter. Sie hat ihn getröstet mit diesen Worten: „Let it be…“ und er hat dieses Lied geschrieben, das auch heute noch tröstet. Und viele denken dabei natürlich an die eigene Mutter und wie sie getröstet hat. Aber viele denken bei Mother Mary auch an die Gottesmutter Maria, die uns diese tröstlichen Worte sagt: „Let it be…“ Lass es sein. Lass es gut sein. Sag ja zu dieser schwierigen Situation und dann ist es leichter, sie zu tragen, damit zu leben und sie zu ändern, als wenn du sie bloß ablehnst und weg haben willst.

Let it be. Das Seinlassen hat für mich einen doppelten Sinn und Klang. Natürlich zuerst und meist den Sinn Loslassen, Gehenlassen, Laufenlassen. Aber eben wie bei Mother Mary auch diesen Klang: Sag Ja dazu, dass es ist. „Lass es sein“ in dem Sinne: Ja, es darf sein, es ist gut, dass es so ist. Also Mother Mary: Es ist gut, mein liebes Kind, dass du da bist, dass es dich gibt, trotz aller Schwierigkeiten, Probleme und allem Trouble. Ja, ich freue mich, dass du da bist. Und so wie ich es zu dir sage, so kannst auch du es dir selbst sagen: Let it be.

Ja, dann reicht es noch tiefer als zur Holy Mother Mary. Dann steht nämlich letztlich Gott selbst dahinter, der es zu uns sagt: Es ist gut, dass Du da bist, dass es dich gibt. Ich lasse dich sein, heißt dann auch: ich will, dass du da bist. Ja, noch mehr, ich rufe dich ins Dasein. Ich lasse dich nicht nur sein. Ich will dass du da bist, und zwar als der du bist, oder als die, die du bist. Das ist gut so. Du sollst sein. Wie gut, dass Du da bist. Dass es dich gibt. Das ist gut so. „I let you be you.“ Wir sind und wir sind nur, weil Gott uns will, und so lange, wie Gott es will. Das sagt uns der Glaube.

Und das hat etwas sehr Tröstliches, wenn ich es tatsächlich glauben und annehmen kann, dass Gott mich will und ruft. Denn dann beweist mir gewissermaßen meine eigene Existenz dieses Ja Gottes zu mir. Das ist wichtig, wenn es mir einmal wirklich sehr schlecht geht und ich an allem zweifle und verzweifle, dann darf ich mir sagen: Thomas, denke daran, dass du überhaupt da bist, das sagt und beweist Dir: Gott will dich und bejaht dich. Solange du existierst, will dein eigenes Dasein dir sagen, Thomas, du bist, weil Gott dich will, auch jetzt, auch unter diesen Umständen, mögen sie auch noch so schwer, traurig und beladen sein. Gottes Ja zu dir ist ohne Reue und es bleibt für immer. Darauf kannst du dich verlassen. Und Mother Mary sagt es zu sich selbst, sie sagt es dir, wie sie es Paul McCartney zugesprochen hat, weil es zuerst auch ihr gesagt wurde. Weil Gott es zu ihr gesagt hat. „Let it be ...“

Also das ist die eine Seite von „Let it be“. Ja zum Sein, Ja, zum Dasein, zum eigenen und auch zum anderen. Ja, eben auch der andere, die andere darf sein und soll sein und sich ihres Daseins freuen. Darf so sein, wie sie ist. Und da kommen wir an die andere Bedeutung von „Let it be“, nämlich das Loslassen, Gehenlassen und Freilassen. Das hören wir ja meist zuerst bei „Let it be“. Es hat einen leicht resignativen Ton: Lass es sein! Hör auf! Gib auf! Vielleicht auch mal etwas zornig von Mother Mary zu ihrem Paul: „Lass das sein!“ Aber nicht so sehr darauf will ich hinaus. Ich will es hören im Sinne von: Lass frei, lass los, gib frei. Lass sein wie Gott uns, seine Geschöpfe und seine ganze Schöpfung sein lässt. Er entlässt sie und uns nämlich ins Eigene, in die Selbständigkeit, in die Freiheit. Immer mehr und immer stärker.

Zum Beispiel wenn ich auf die Schöpfung schaue, kann ich sehen: Spielräume werden immer größer, angefangen vom Stein, der nur vorhanden ist, aber doch die Umgebung beeinflusst, hin zur Pflanze, die schon ihren Lebensraum besitzt, ihn gestaltet und in Kontakt steht, hin zum Tier, dessen Bewegungs- und Spielraum schon so viel, viel größer ist, bis schließlich hin zu uns Menschen, die wir eine unglaublich große Freiheit haben. Das ist Gottes „Let it be“. Er lässt uns sein und gehen und schenkt uns Freiheit, damit wir auch andere sein und gehen und frei lassen ohne gleichgültig oder resignativ zu sein, im Sinne von: „Mach doch, was du willst!“ Nein, sondern so: Mach doch Gebrauch von deiner Freiheit, deiner Kreativität, deiner Lebensfreude und gib sie weiter. Das macht uns alle froh! Let it be!

Viele Grüße
Thomas Gertler SJ

9. Juni 2021

Zuerst hat Maria in Nazareth ihr „Let it be“ zum Engel gesprochen, der ihr die Botschaft und die Berufung Gottes brachte. Und sie musste es immer wieder sagen im Laufe ihres Lebens, und sie hat es immer wieder gesagt, mal freudig und mal traurig. Ich habe mich entschieden, Ihnen hier ihr Lied aufzuschreiben, das sie voll Dankbarkeit singt. Und sehen Sie, wie froh das Jesuskind lacht.

 

Foto: Sailko - CC BY-SA 3.0

 

46 Meine Seele preist die Größe des Herrn
47 und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
48 Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
49 Denn der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig.
50 Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
51 Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
52 er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
53 Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.
54 Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen,
55 das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.