
Foto: Legoines - (CC BY-SA 3.0)
Das ist die erste Reaktion auf eine Krise. Denn Krise will keiner. Krise wird zuerst geleugnet. Je stärker die Krise umso heftiger meist die Verleugnung. Welche Krise meine ich hier eigentlich? Natürlich hier auf unserer Internet-Seite eher die Krise im persönlichen Leben. Berufliche Krise, Ehekrise, Midlife-Crisis, Glaubenskrise. Jeder Übergang in ein neues Lebensalter bringt so eine Krise. Aber mehr oder weniger gilt es ähnlich auch für die Klimakrise, politische Krisen, was immer Sie wollen.
Ja, so unwahrscheinlich das klingt, der erste Schritt zur Bewältigung ist die Leugnung oder Verdrängung. Wir können die Krise zuerst gar nicht wirklich an uns heranlassen. Sie bringt ja unser Leben durcheinander. Ich kann mich nur langsam annähern und der Wahrheit ins Gesicht schauen. Erstes Leugnen ist also ganz richtig und verständlich. Wir müssen uns ja auch erstmal ein Bild machen. Was ist denn überhaupt los?
Was ist das Unangenehme an einer Krise? Warum will niemand eine Krise? Krise ist ein griechisches Wort und bedeutet ursprünglich Entscheidung. Krise ist ein Punkt, an dem eine Entscheidung fällig ist oder an dem es sich entscheidet (z.B. im Krankheitsverlauf). Ich weiß also erst einmal nicht, wie es weitergeht und wie es weiter gehen soll. Eine Wegscheide. Mindestens zwei Wege sind möglich. Oder drei: rechts, links, zurück. Es ist klar. So geht es nicht weiter, aber wie es weiter geht, das ist eben unklar. Und nun trete ich auf der Stelle. Ich muss verharren. Das ist das Unangenehme an der Krise.
Ich will, dass es problemlos weiter geht. Dass es keine neue Entscheidung geben muss. Wo doch Entscheidungen immer so schwer und mühsam, ja oft verletzend sind. Aber jetzt muss es wohl sein. Ich klage und bin sauer. Muss es wirklich sein? Es ist schwer, wenn ich mir klar bin, dass es eine Krise ist, auch noch Ja zu ihr zu sagen. Aber das ist wichtig und richtig. Ja, es gibt eine Krise. Oder gar: ich bin in der Krise. Es gibt eine Entscheidungssituation - für mich, für uns. Und wo möglich, gelingt es mir sogar, die Krise willkommen zu heißen. Sie positiv zu sehen.
Denn jede Krise ist auch eine Chance. Es ist die Chance, dass es besser weiter geht. Dass die richtigen Entscheidungen fallen. Dass es wahrhaftiger weitergeht. Dass es befreiter weiter geht. Dass sinnvoller weiter geht. All das ist möglich. Darum darf ich die Krise auch begrüßen. Es gibt eine Chance für mich, eine Chance für uns. Eine gute Gelegenheit. Jetzt kommt es darauf an, das Richtige und Wichtige zu tun. Darum darf ich begrüßen, dass es so nicht weitergeht und ich Zeit brauche, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Diese Zeit muss ich mir dann nehmen. Je tiefer und umfassender die Krise, umso mehr Zeit wird sie brauchen, darf sie auch brauchen.
Im geistlichen Leben kommt so eine Krise gewöhnlich zwischen dem dreißigsten und vierzigsten Lebensjahr. Dann wenn klar wird, dass die bisherigen Strategien und Tricks, meine Leben zu meistern, nicht mehr wirken, denn die Beziehungen werden fraglich, die Art zu leben wird fraglich. Auch die Beziehung mit Gott kommt in eine Krise. Die Mitte (und damit die Endlichkeit) des Lebens kommt in den Blick. Vielleicht erlebe ich auch eine Katastrophe, die mich zu Umkehr und Besinnung zwingt. Ein Unfall, eine Krankheit, ein schwerer Verlust. Jetzt kommt es in einer zweiten Bekehrung darauf an, wahrhaftiger zu leben, die Illusionen zu lassen, wesentlicher zu leben. Noch einmal erwachsener zu werden. Endgültig erwachsen zu werden.
Zum Finden der rechten Entscheidung ist das Regelwerk des Ignatius zur Unterscheidung der Geister sehr hilfreich. Darüber habe ich schon geschrieben und werde ich noch einmal schreiben. Jetzt nur so viel. Krisen im Leben sind unumgänglich. Theoretisch wissen wir das. Wenn es uns trifft, ist es schwer. Aber es ist eben auch eine Chance. Versuchen Sie, diese Gelegenheit zu ergreifen und zu nutzen, sie positiv zu sehen.
Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ
20. November 2019
Das Gleichnis bei Lukas vom ungerechten Verwalter, der seinen Herrn betrügt, ist für viele rechtschaffene Menschen eine große Herausforderung, ja ein Ärgernis. Wieso lobt Jesus diesen Betrüger? Er lobt ihn nicht für den Betrug, sondern dafür, dass er im rechten Augenblick erkennt, wie er seine Krise als Chance nutzen kann, nämlich dass er sich alle Schuldner verpflichtet und sie so dazu bringt, für ihn zu sorgen und ihn als Gast aufzunehmen, wenn er seinen Job als Verwalter verliert. Wie gehen wir damit um, unsere Krise als Chance zu nutzen? Darüber nachzudenken lädt uns Jesus ein und dazu ist das Gleichnis eine Aufforderung.
Lukas 16,1 - 9
16,1 Jesus sprach aber auch zu den Jüngern: Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm, er verschleudere sein Vermögen. 2 Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich über dich? Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung! Denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein. 3 Da überlegte der Verwalter: Was soll ich jetzt tun, da mein Herr mir die Verwaltung entzieht? Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht und zu betteln schäme ich mich. 4 Ich weiß, was ich tun werde, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich als Verwalter abgesetzt bin. 5 Und er ließ die Schuldner seines Herrn, einen nach dem anderen, zu sich kommen und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? 6 Er antwortete: Hundert Fass Öl. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich schnell hin und schreib fünfzig! 7 Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig! 8 Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte, und sagte: Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes. 9 Ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es zu Ende geht!