Ja-Sager und Nein-Sager

Foto: KKPCW - CC BY-SA 4.0

Früher war ich der Meinung, als Christ darf ich nie Nein sagen, also Wünsche, Bitten, Hilfe ablehnen. Immer hilfsbereit sein. Sich mit jedem Menschen verstehen. Jeden Menschen annehmen, ja, sogar lieben. Christen sollen Ja-Sager sein und nie Nein sagen. Mit dieser Ansicht bin ich wohl nicht der Einzige. Das geht vielen so, jedenfalls wenn es um die Ideale geht, um das, was sein sollte. Ja-Sager und kein Nein-Sager sein.

Mit diesem meinem Ideal bin ich allerdings irgendwann an Grenzen gestoßen. Etwas härter gesagt: ich bin gescheitert. Ich konnte es nicht allen recht machen. „Jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“, sagt schon das Sprichwort. Aber so viel wie irgend möglich, sollte ich doch Ja sagen, zusagen, nicht absagen, mitmachen, mich beteiligen, helfen und unterstützen. Oder nicht? Ich habe es lange versucht. Und habe lange nicht bemerkt, dass darin auch eine Falle verborgen ist.

Worin besteht die Falle des Ja-Sagers, der Ja-Sagerin aus christlichen Motiven? Die Falle besteht darin, dass man so allmählich, unvermerkt und ungewollt (wirklich ganz ungewollt?) in Rolle des Erlösers einrückt. Immer helfen, allen helfen wie Jesus? Sein schließlich wie Jesus?

Es war mir dann eine echte Befreiung, als ich in der Bergpredigt das Wort Jesu las: „Euer Ja sei ein Ja und euer Nein sei ein Nein, alles andere ist vom Übel“ (Mt 5,37). Die Übersetzung heute sagt sogar: „ist vom Bösen“. Ich darf also auch Nein sagen. Und zwar ein klares und deutliches Nein! Jesus sei Dank! Gott sei Dank! Es ist wichtig und richtig, Nein zu sagen. Ich bin nicht Jesus und ich bin nicht Gott. Nein, das bin ich nicht. Ich muss nicht allen Menschen gerecht werden. Ich muss nicht alle Menschen heilen (das hat übrigens auch Jesus nicht getan). Ich darf und muss sogar Grenzen setzen und Nein sagen.

Nachdem ich das für mich selbst erkannt habe, sage ich es heute oft den Seelsorgern und Seelsorgerinnen. Sogar zugespitzt: Es ist überlebenswichtig, dass Sie in dieser Situation der völlig überfordernden Seelsorge klar und deutlich Nein sagen, ja, auch dem Bischof! Wenn Sie es nicht können, dann lernen Sie es! Handeln Sie nicht nach dem Lied: Einer geht noch, einer geht noch rein. Das überleben Sie nicht!

Das gilt aber auch für die Arbeitssituationen, in denen viele stehen und wo erwartet wird, dass immer noch ein bisschen mehr getan wird. Mal ist das in Ordnung. Aber wenn es immer wieder so erwartet wird, dann droht auch da der Burnout. Und er droht nicht nur. Er tritt unweigerlich ein. Und dann ist keinem mehr geholfen. Denn der Burnout verschwindet nicht so einfach wieder und er kommt auch schnell zurück.

Eine weitere Hilfe über Jesu Wort vom Ja und Nein hinaus war mir die Entdeckung auf der ersten Seite der Bibel in der Schöpfungsgeschichte. Da schafft Gott nicht nur und sagt Ja zu dem Geschaffenen. Genauso setzt Gott auch Grenzen und grenzt die Geschöpfe voneinander ab. Und durch die Grenzen schafft er Lebensräume Erde, himmlisches Firmament und Meer. So schafft er Ordnung aus dem Chaos. Und das ist eine Form des Nein-Sagens. Besonders dem Wasser gegenüber, das überall ist. Nach damaligem Weltbild strömte es um die Erde herum, toste unter der Erde und befand sich über der Erde. Denn wir erleben ja, wie Wasser vom Himmel kommt, wenn die Schleusen der Himmel geöffnet werden. Dem Wasser setzt Gott Grenzen: bis hierher und nicht weiter (Ps 104,9). Das Firmament ist das feste Himmelsgewölbe, das die Wasser zurückhält. So die damalige Vorstellung. Zählen Sie einmal alle die Begrenzungen und Trennungen die Gott vornimmt, um dem Leben Raum zu schaffen!

Also Nein sagen, um des Lebens willen. Wie eben auch Ja sagen um des Lebens willen. Das kann gut geübt werden jetzt in der Fastenzeit. Grenzen ziehen, um des Lebens willen. Eine gute Übung.

Frohe Fastenzeit wünscht Ihnen
Thomas Gertler SJ

22. Februar 2023

Die Buchmalerei aus dem 12/13. Jahrhundert zeigt Gott als Architekten des Universums, der alles abmisst mit dem Zirkel. Präzision und Schönheit, Ordnung und das rechte Maß kennzeichnen die Schöpfung. Gott hat sie den Geschöpfen gegeben.

Genesis 1,1 - 31

1,1 Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde.
2 Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.
3 Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.
4 Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis.
5 Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag.
6 Dann sprach Gott: Es werde ein Gewölbe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser.
7 Gott machte das Gewölbe und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes vom Wasser oberhalb des Gewölbes. Und so geschah es.
8 Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Es wurde Abend und es wurde Morgen: zweiter Tag.
9 Dann sprach Gott: Es sammle sich das Wasser unterhalb des Himmels an einem Ort und das Trockene werde sichtbar. Und so geschah es.
10 Und Gott nannte das Trockene Land und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Gott sah, dass es gut war.
11 Dann sprach Gott: Die Erde lasse junges Grün sprießen, Gewächs, das Samen bildet, Fruchtbäume, die nach ihrer Art Früchte tragen mit Samen darin auf der Erde. Und so geschah es.
12 Die Erde brachte junges Grün hervor, Gewächs, das Samen nach seiner Art bildet, und Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war.
13 Es wurde Abend und es wurde Morgen: dritter Tag.
14 Dann sprach Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen als Zeichen für Festzeiten, für Tage und Jahre dienen.
15 Sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, um über die Erde hin zu leuchten. Und so geschah es.
16 Gott machte die beiden großen Lichter, das große zur Herrschaft über den Tag, das kleine zur Herrschaft über die Nacht, und die Sterne.
17 Gott setzte sie an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde leuchten, 18 über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war.
19 Es wurde Abend und es wurde Morgen: vierter Tag.
20 Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von Schwärmen lebendiger Wesen und Vögel sollen über der Erde am Himmelsgewölbe fliegen.
21 Und Gott erschuf die großen Wassertiere und alle Lebewesen, die sich fortbewegen nach ihrer Art, von denen das Wasser wimmelt, und alle gefiederten Vögel nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war.
22 Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch! Füllt das Wasser im Meer und die Vögel sollen sich auf Erden vermehren.
23 Es wurde Abend und es wurde Morgen: fünfter Tag.
24 Dann sprach Gott: Die Erde bringe Lebewesen aller Art hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Wildtieren der Erde nach ihrer Art. Und so geschah es.
25 Gott machte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war.
26 Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen.
27 Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.
28 Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!
29 Dann sprach Gott: Siehe, ich gebe euch alles Gewächs, das Samen bildet auf der ganzen Erde, und alle Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin. Euch sollen sie zur Nahrung dienen.
30 Allen Tieren der Erde, allen Vögeln des Himmels und allem, was auf der Erde kriecht, das Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Gewächs zur Nahrung. Und so geschah es.
31 Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut. Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag.