Ich bin auch wichtig

Foto: Thomas Gertler

Sie erinnern sich? Das war der zweite Satz meines Freundes nach seinem Infarkt. Der erste war: Ich muss nicht mehr. Wie betone ich diesen zweiten Satz richtig? Worauf liegt der Ton? Auf „Ich“, auf „wichtig“, auf „auch“? Jetzt liegt der Ton auf dem „auch“. Also nicht nur andere sind wichtig. Ich bin es auch. Ich soll mich auch selbst wichtig nehmen, nicht nur andere und anderes. Wir haben vielleicht einen gewissen Widerstand gegen den Satz, wenn wir vor allem das Ich betonen. Ich bin wichtig. Die anderen sind unwichtig oder zweitwichtig. Nach dem alten Kinderlied: Die Menschen sind schlecht. Sie denken an sich. Nur ich denk an mich. Es gibt so eine Abwehr oder eine Scham, wenn das Ich zu sehr im Vordergrund steht. Ich will ja kein Wichtigtuer sein. Davon gibt es schon so viele.

Ja und vielleicht ist das Sich-wichtig-Machen auch was ganz anderes als das wichtig Sein. Das eine tut so als ob. Das andere ist ja wirklich ein auf sich selbst Achten! Also Selbstachtung! Oder anders mit einem Beispiel. Bei meinen wichtigsten Exerzitien vor vielen Jahren hat mir meine geistliche Begleiterin gesagt: „Thomas, es ist ganz wichtig, dass es Dir gut geht! Denn wenn es dir gut geht, dann geht auch allen anderen besser.“ Ich hatte immer eher gedacht, dass das egoistisch sei oder dass es hieße, nur sein Vergnügen zu suchen.

Nein, dass es mir gut geht, das bedeutet eben nicht das reine Vergnügen, sondern das bedeutet, so zu leben, dass ich wahrhaft froh bin und nicht bloß so tue. Das bloße Vergnügen führt zu nur erhöhter Unlust. Ein Abend mit lauter Witzen oder lauter Schokolade ist am Ende nicht mehr komisch. Es wird einem nur komisch. Das ist eine Falle. Die wahre Freude stellt sich ein, wenn ich mich überwinde. Wenn ich mäßig bin. Wenn ich dieses Stück Schokolade nicht esse. Dieses Bier nicht mehr trinke. Wenn ich nicht der Trägheit folge, sondern statt fernzusehen, jetzt den Impuls schreibe…

Wenn ich statt anderthalb Stunden die Wochenendausgabe der Zeitung durchzublättern und nachher nicht mehr zu wissen, was drin stand, rausgehe und einen anderthalbstündigen Spaziergang mache. Das macht mich froh. Das tut mir gut. Und wenn es mir gut geht, dann geht es auch allen anderen besser. Denn dann bin ich guter Laune und fröhlich und nehme das, was mich vorher richtig geärgert hat nun mit Humor. Zum Beispiel, dass jetzt zum zweiten Mal hintereinander das Rad am Rollkoffer kaputt gegangen ist. Also im Koffergeschäft bin ich nicht so richtig sauer, sondern versuche da eher einen Scherz zu machen.

Oder bei meinen Gesprächen kann ich besser zuhören und ganz beim andern sein, als innerlich ärgerlich über mich selbst, weil ich z. B. wegen dieses komisch misslungenen Abends nicht ausgeschlafen bin. Oder was immer. Sie kennen Ihre Fallen, die Sie unfroh machen. Wenn Sie sich in guter Weise wichtig nehmen, dann tun Sie sich das nicht an. Denn wenn es mir gut geht, bin ich belastungsfähig, tolerant, offen und eine Stütze für die anderen. Wenn es mir schlecht geht, brauche ich Unterstützung und Trost von den anderen.

Sie sehen schon, wie wichtig es ist, dass Sie sich wichtig nehmen. Oder wie uns so schön einmal unser geistlicher Berater gesagt hat: Sie sollen sich für das Reich Gottes nicht nur verbrauchen lassen, Sie sollen sich auch dafür erhalten. Sie sind wichtig! Und nicht nur auch wichtig. Sehen Sie zu, dass es Ihnen richtig gut geht!

Ich versuche es auch.

Es grüßt Sie ganz herzlich
Thomas Gertler SJ

24. Januar 2018

 

Eines der schönsten Worte der Bibel darüber, wie wichtig wir Gott sind, hat uns der Prophet Jesaja aufgeschrieben. Natürlich ist damit zuerst einmal das Volk Israel, das Volk Gottes gemeint, aber dazu gehöre ich als Tochter und Sohn Abrahams auch… Und so soll ich es hören: An mich persönlich gerichtet. Und nicht nur damals führte Gott sein Volk durch das Rote Meer und die Flammen der Wüste. Das tut er auch heute.

Wir sind Ihm wichtig

Mose spaltet das Rote Meer

Jes 43, 1 -7

1 Jetzt aber - so spricht der Herr, / der dich geschaffen hat, Jakob, / und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, / ich habe dich beim Namen gerufen, / du gehörst mir.
2 Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, / wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, / keine Flamme wird dich verbrennen.
3 Denn ich, der Herr, bin dein Gott, / ich, der Heilige Israels, bin dein Retter. Ich gebe Ägypten als Kaufpreis für dich, / Kusch und Seba gebe ich für dich.
4 Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist / und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder / und für dein Leben ganze Völker.
5 Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir. / Vom Osten bringe ich deine Kinder herbei, / vom Westen her sammle ich euch.
6 Ich sage zum Norden: Gib her!, / und zum Süden: Halt nicht zurück! Führe meine Söhne heim aus der Ferne, / meine Töchter vom Ende der Erde!
7 Denn jeden, der nach meinem Namen benannt ist, / habe ich zu meiner Ehre erschaffen, / geformt und gemacht.