HOFFNUNG oder „Vom Rasen mähen und so…“

Foto: Doris Krieger-Müller

Ich habe Rasen gemäht, ja ich! Aber stopp, hier jetzt nichts Falsches denken. Dass ich Rasen mähe, kommt nicht oft vor, meistens macht es einer unserer Söhne, der eigens dafür angereist kommt. Nach dem Urlaub war das Gras sehr hoch. Eigentlich wollte ich walken gehen, aber meine Partnerin hatte keine Zeit. Gut dachte ich, mähe ich also den Rasen, das ist ja auch eine gute körperliche Ertüchtigung nach so viel gutem Essen und Trinken im Urlaub. Den störrigen Rasenmäher zu bändigen brachte mich tatsächlich ziemlich ins Schwitzen. Aber ich hielt tapfer durch, mähte, leerte den Auffangkorb… Nach vollbrachter Arbeit setzte ich mich in den Garten und schaute auf die sorgsam gemähte Rasenfläche. Die ‚scheinbare‘ Ordnung beeindruckte mich, doch wirkliche Freude wollte nicht aufkommen. Alle Gänseblümchen und die gelben Blüten des Löwenzahns, die mich vorher so erfreut und damit mein Herz berührt haben, hatte ich abgemäht. Zudem kam mir bekümmert in den Sinn, dass ein Regenguss reiche, um den Rasen wieder in den alten Zustand zu versetzen. Dann geht die Plackerei, neben dem zusätzlich wieder einsetzenden Alltagsstress, von neuem los… Oh je!

Diesen Rasen mähen wir nun schon seit mindestens 30 Jahren, mal regelmäßig, mal weniger regelmäßig und sorgsam. „…wachsen, mähen, wachsen, mähen und das immerfort, fließend“, denke ich. Wo kommt das viele Gras her? Es ist wie ein Wunder! Wir düngen den Rasen nicht und wir lassen den Schnitt auch nicht liegen, damit er neue Nahrung spendet. Es wächst und wächst und hört nicht auf zu wachsen. Sie dürfen sich an dieser Stelle ruhig einmal bildlich vorstellen, wie das wäre, wenn der Fluss des Wachstums, natürlich nicht nur unseres Rasens, einfach stoppen würde. Eine schlimme Vorstellung, trostlos und schrecklich! In manchen Regionen der Erde passiert dies zeitweise z. B. durch Dürrephasen oder Flutkatastrophen. So ein ‚Wachstumsstillstand‘ hat verheerende Folgen, das wissen wir. Bei diesen Gedanken freue ich mich, dass unser Rasen so wunderbar wächst und uns jeden Tag aufs Neue, auch immer wieder mit neuen Gänseblümchen und neuem Löwenzahn geschenkt wird. So wie auch jede andere Blume, jeder Baum, jeder Strauch im Rhythmus der Jahreszeiten für uns da ist. Was für ein Reichtum, Tag für Tag, Sekunde für Sekunde! Was für eine Freude, Gott sei Dank!

Ich erfahre vom Tod des Altbundeskanzlers Helmut Kohl, der mit 87 Jahren verstorben ist. Am nächsten Tag berichtet mir mein Mann von einem Rückblick, den er dann doch noch spät abends geschaut und für mich aufgenommen hat. Am 14. Juni 1989 besuchte Michail Gorbatschow Helmut Kohl im am Rhein gelegenen Palais Schaumburg in Bonn. Damals war Bonn noch Bundeshauptstadt. Die Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands war noch nicht in Sicht. Für einen persönlichen Austausch mit seinem Gast, lud Helmut Kohl Michail Gorbatschow zu einem Spaziergang an den Rhein ein, nur begleitet von Übersetzern. Ich selbst habe die Memoiren Helmut Kohls nicht gelesen. Spiegel Online zitiert aus den Memoiren über das Gespräch, das die beiden miteinander führten so: "Ich zeigte auf den Rhein und meinte: 'Schauen Sie sich den Fluss an, der an uns vorbeiströmt. Er symbolisiert die Geschichte; sie ist nichts Statisches. Sie können diesen Fluss stauen, technisch ist das möglich. Doch dann wird er über die Ufer treten und sich auf andere Weise den Weg zum Meer bahnen. So ist es auch mit der deutschen Einheit. Sie können ihr Zustandekommen zu verhindern suchen. Dann erleben wir beide sie vielleicht nicht mehr. Aber so sicher, wie der Rhein zum Meer fließt, so sicher wird die deutsche Einheit kommen - und auch die europäische Einheit.'"

Wie von Helmut Kohl vorhergesagt, so ist es ja dann auch sehr schnell gekommen. „Was für ein Reichtum, was für eine Freude, Gott sei Dank“, sage ich mir wieder. Der Wille zur Freiheit ist wohl nicht aufzuhalten. Er ist wie unser Rasen, er wächst und wächst…, man kann ihn zwar niedrig halten, die Blumen abmähen oder mit der chemischen Keule zu Leibe rücken, er sucht sich seinen Weg, seine Lücken und sobald man ihm Raum gibt, wird er zur prächtigen Blumenwiese.

Vielleicht lässt sich so HOFFNUNG beschreiben!

Hoffnungsfroh grüßt Sie
Doris Krieger-Müller

12. Juli 2017

 

Im Römerbrief schreibt Paulus öfter von der Hoffnung, die wir durch Christus haben. Christus nimmt uns an der Hand oder wie hier als junger Mann den alten Abt Menas um die Schulter, um unsere Hoffnung zu stärken. Er ist uns vorausgegangen durch den Tod ins neue, unbesiegbare Leben und er geht jetzt mit uns durch den Tod in das neue, unbesiegbare Leben.

 

Römer 5,2-5

Durch ihn [Christus] haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Mehr noch, wir rühmen uns ebenso unserer Bedrängnis; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung , Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.