Gott und das Erdbeben

Foto: Onur Erdoğan (VOA)

Dieses unglaubliche Leid in der Türkei und in Syrien! Die Schreckensnachrichten nehmen kein Ende. Wie soll man da noch an einen guten Gott glauben? So fragen ganz viele. Ich will eine Antwort versuchen, so weit das in solch einem kurzen Impuls möglich ist.

Gottes Antwort ist keine theoretische Antwort. Theoretische Antworten findet man in dicken Büchern. Aber die Frage nach dem Leid lässt sich nicht theoretisch lösen, so sehr wir auch darüber nachdenken und damit verantwortlich auch im Denken umgehen müssen. Denken wird gebraucht und ist wichtig. Aber es löst ja nichts in der Wirklichkeit. Es erklärt und klärt. Zum Beispiel, dass Gott die Welt in ihr Eigenes freigesetzt hat. Sie läuft nach ihren (Natur-)Gesetzlichkeiten ab und Gott greift da nicht einfach so ein.

Die Antwort Gottes ist eine praktische, keine theoretische und die lesen wir am besten an Jesus Christus ab. Und Jesus gibt zwei praktische Antworten auf das Leid. Die erste Antwort ist der Kampf gegen das Leid. Das Erste, was Jesus tut, ist, Kranke zu heilen, Hungernden zu essen zu geben, das Böse wegzutreiben. Das ist das Erste und das muss auch immer das Erste bleiben. Kampf gegen das Leid! Und Jesus tut das, weil es Gottes Antwort ist. Leiden soll und muss gelindert werden. Und das ist darum auch in dieser Situation in der Türkei und in Syrien die erste Antwort. Und sie wird auch gegeben, nicht nur von Christen. Von allen, die da vor Ort gegen das Leid kämpfen. Aber auch von allen, die es von zu Hause aus tun. Dazu am Ende noch ein wichtiger Hinweis.

Und das ist die zweite Antwort, die Gott in Christus auf das Leid gibt. Jesus geht selbst da hinein. Er geht mit hinein und ist bei jedem, der da leidet. Jesus identifiziert sich mit jedem der Geringsten und Leidenden. „Was ihr dem Geringsten, der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Das heißt er ist dabei und mittendrin. Und das wird dann am Kreuz am deutlichsten. Er nimmt diesen überaus grausamen Tod, dieses schmerzvolle Leiden auf sich. Er will diese letzte Stelle ganz bewusst einnehmen. In der Mitte von Verbrechern rechts und links. Und selbst in der Erfahrung der Gottverlassenheit. Er schreit es heraus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ (Mk 15,34)

Jesus ruft das als ein Gebet. Es ist eben keine bloße Feststellung. Nein, er spricht den Vater direkt an. Er weiß, dass Gott da ist und ihn hört, auch wenn er sich selbst völlig verlassen fühlt. Das ist die Hölle. In die ist Jesus in seinem Sterben hinabgestiegen, um in diese letzte und schlimmste Stelle seine Liebe und sein Erbarmen hinabzubringen.

Darum: Niemand ist völlig verlassen, auch wenn er Gott und seinen Trost und Beistand nicht spürt und sich so verlassen fühlt wie Jesus. Wir glauben, Gott ist wirklich da. Er hat Jesus nicht verlassen, sondern er hat ihn herausgeholt aus der Hölle und dem Tod und ins Leben, in ein neues Leben hineingeführt in der Auferweckung von den Toten. Und wie Gott, der Vater Jesu Leiden und Tod in Freude und Leben gewandelt hat, so glauben wir, wird es Gott auch bei uns und mit uns tun. Die Wunde wird zur Quelle werden. Die Nacht zum Licht. Das Leid zur Freude. Die Verlassenheit zur neuen Gemeinschaft.

So stellt sich Jesus den trauernden Jüngern als Auferstandener vor. Und das verwandelt diese Jünger. Das macht sie zu neuen Menschen. Und das erfahren auch wir auch schon hier manchmal. Hilfe, Gemeinschaft, Rettung und Heilung erfahren jetzt schon viele in den Erdbebengebieten. Freilich nicht nur. Nein, Tod, Leiden, Schmerz und daraus auch Wut und Hass, Zweifel und Verzweiflung sind genauso Wirklichkeiten. Aber eben auch jetzt Hilfe und Beistand und Trost durch Menschen und durch Gott.

Und jetzt noch der Hinweis. Die Menschen in Syrien haben es besonders schwer, an Hilfe zu kommen. Die deutsche Jesuitenmission in Nürnberg hat Kontakte und Hilfsmöglichkeiten über die Stadt Homs in Syrien. Dort arbeitet der junge österreichische Jesuit Gerald Baumgartner. Ihn können sie hier hören.

Aktuelle Informationen gibt es auf www.jesuitenweltweit.de. Spenden werden erbeten über die Jesuitenmission: Liga Bank, IBAN DE61 7509 0300 0005 1155 82, BIC: GENO DEF1 M05, Stichwort: Projektnummer X33041, Erdbebenhilfe Frankfurt.

Es dankt Ihnen, wenn Sie helfen durch Gebet oder Spende oder durch beides!

Und es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ

15. Februar 2023

Seit altes her gibt es die Werke der Barmherzigkeit. Oft sind sie dargestellt worden. Hier sehen wir ein Werk von David Tenniers dem Jüngeren aus dem 17. Jahrhundert.

Matthäus 25,31 - 46

25, 31 Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. 32 Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. 33 Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. 34 Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! 35 Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; 36 ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? 38 Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? 39 Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? 40 Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. 41 Dann wird er zu denen auf der Linken sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! 42 Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; 43 ich war fremd und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. 44 Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder fremd oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? 45 Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. 46 Und diese werden weggehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber zum ewigen Leben.