Gott ruft auch heute – 2. Teil

Foto: Jarda 75

Das Thema ist mir so wichtig, dass ich es noch etwas vertiefen möchte. Im letzten Impuls hatte ich geschrieben, dass Gott in unserem Inneren spricht und wir lernen müssen, dieses Innere zu hören. Dass wir dazu still werden müssen, auch wenn uns das oft nicht leicht fällt. In dieser Stille spricht unser Gewissen zu uns. Da spricht unsere Sehnsucht zu uns und da rufen uns auch unsere Träume. Und in all dem spricht dann auch Gott zu uns. Also Ohren aufmachen!

Was ich im letzten Impuls nur kurz ganz am Schluss erwähnt habe: wir brauchen die Hilfe von erfahrenen Menschen, um zu verstehen, was Gott von uns will. Der alte Eli half den jungen Samuel, die Stimme, die ihn rief, als Gottes Stimme zu erkennen. Sie können einmal in Ihr eigenes Leben schauen, wer hat Ihnen geholfen wie der alte Eli?

Das kann heute das Internet oder auch ein Buch sein, das mir hilft. Das wichtigste Buch dabei ist die Heilige Schrift. Seit Jahrtausenden haben die Gläubigen des jüdischen Volkes und dann die Christen, Schriften gesammelt und weitergegeben, in denen sie erkannt haben, dass sie von Menschen stammen, die Gottes Geist begabt oder inspiriert hat. Darin sind unsere wesentlichen Glaubenserfahrungen, unsere Gotteserfahrungen aufbewahrt und aufgeschrieben. Sehr viele Texte sind bis heute ohne weiteres verständlich und nachvollziehbar wie zum Beispiel die meisten Psalmen oder die Evangelien. Viele brauchen jedoch dringend Erläuterung, um nicht missverstanden zu werden Zahlreiche Wege von einzelnen, aber auch des ganzen Volkes sind darin geschildert, wie der Ruf Gottes gehört und wie der Weg mit Gott erkannt wird und dann weiter verläuft. Eine nie versiegende Quelle bis heute. Und manchmal sind sie auch mit viel Humor geschrieben, wie beispielsweise die Geschichte vom Propheten Jona zeigt.

Und diese Verdichtungen der Bibel hat man dann noch weiter verdichtet in Kurzformeln zum Auswendiglernen: Gottes Willen ist zu finden in den Zehn Geboten; worum wir beten sollen im Vaterunser, was wir glauben im Apostolischen Glaubensbekenntnis.

Wichtiger und früher sind aber konkrete Menschen, die mir den Ruf und den Weg Gottes erläutern und zeigen. Meist beginnt es mit den Eltern. Heute sind solche Zeugen des Glaubens oft die Großeltern. Sie nehmen die Enkel mit in die Kirche. Sie erzählen von ihren Abenteuern mit dem Glauben und mit Gott. Sie singen Lieder und beten mit den Enkeln. Später als Erwachsener brauche ich dann jemanden zum Reden, auch und gerade über meinen Glauben und meine Beziehung zu Gott. Das ist heute jedoch nicht nur sehr privat, sondern es ist geradezu intim, und darum nicht leicht, eine Gruppe oder eine einzelne Person für das Gespräch zu finden. Seien Sie dankbar, wenn Sie jemanden haben. Aber es gibt zum Glück in der Kirche viele Menschen, die in so genannter „geistlicher Begleitung“ ausgebildet sind. Sie finden sich auf der Homepage vieler Diözesen oder zum Beispiel hier bei der GCL.

Nun noch ein weiterer Punkt, der wichtig ist. Was ist, wenn Gott schweigt? Wenn ich Gottes Nähe nicht mehr spüre? Wenn die Begeisterung des Anfangs verlorengeht? Dazu drei Hinweise. Erstens die heftigen Gefühle des Anfangs werden und dürfen auch nachlassen. Sie sollten einem Frieden weichen, der tiefer ist und aus der inneren Nähe und Vertrautheit mit Gott kommt wie bei einem ausgesöhnten alten Ehepaar, das alle Kämpfe hinter sich hat und nicht mehr viele Worte braucht. Zweitens gibt es einen ganz normalen Wechsel von heller Freude und nüchterner, grauer Alltäglichkeit, wie in menschlichen Liebesbeziehungen so auch im Leben mit Gott. Ich soll mich aber immer um die Freude und den Trost bemühen, indem ich mehr bete und zeige, wie wichtig mir diese erfahrbare Nähe und der Trost sind. Drittens soll ich wissen, dass auch wenn ich Gott jetzt nicht spüre, er dennoch da ist und mir auch seine Gnade und seine Liebe schenkt. Ja, auch wenn ich sie nicht spüren kann! Und das soll ich wissen: es kommen wieder getröstete Zeiten. Eher als die großen Gefühle aber suchen Sie den Frieden, das Ausgesöhntsein, den Einklang.

So viel für diesmal.

Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ

1. Februar 2023

Eine der besten Geschichte über die geistliche Begleitung und wie Gott führt, ist die Geschichte vom Emmausgang bei Lukas im 24. Kapitel. Ich füge jedes Mal eine kurze Bemerkung ein.

Lukas 24,13 - 34

24,13 Und siehe, am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. 14 Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. 15 Und es geschah, während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen. 16 Doch ihre Augen waren gehalten, sodass sie ihn nicht erkannten. 17 Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen 18 und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? 19 Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Tat und Wort vor Gott und dem ganzen Volk. 20 Doch unsere Hohepriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. 21 Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist.

Erster Punkt: Sie gehen trostlos und traurig weg. Es ist alles für sie vorbei. Katastrophe und Enttäuschung. Jesus ist (immer schon unerkannt) dabei und er will von diesen Erfahrungen wissen. Sie sollen sie aussprechen. So auch ich. Jesus will davon hören – von mir. Das ist das Erste.

25 Da sagte er zu ihnen: Ihr Unverständigen, deren Herz zu träge ist, um alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. 26 Musste nicht der Christus das erleiden und so in seine Herrlichkeit gelangen? 27 Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.

Zweiter Punkt: Jesus zeigt ihnen, was sie eigentlich schon wussten, denn sie kannten die Schrift, dass es nämlich so kommen musste. Nicht weil es ja sowieso schiefgehen musste, nein, weil Gott es schon von Ewigkeit her so geplant und vorhergesagt hatte, wie z.B. im Psalm 22 die ganze Kreuzigung oder das Leiden des Gottesknechtes in den Liedern des Jesaja. So auch in meinem Leben: ich lasse mir von Jesus zeigen, wie es auch bei mir so kommen musste, durch die Katastrophe hindurch als Weg zum Heil.

28 So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, 29 aber sie drängten ihn und sagten: Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt! Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. 30 Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen. 31 Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken. 32 Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?

Dritter Punkt: Sie laden Jesus ein und erkennen ihn. Es wird ihnen bewusst, wie ihr Herz brannte. Sie sind dem Auferstandenen begegnet. So auch bei mir: Wann habe ich Jesus eingeladen, bei mir zu bleiben? Wann sind mir die Augen aufgegangen? Wann wurde mir bewusst, dass ich dem Auferstandenen begegnet bin. Wann brannte mir das Herz? Wann bin ich zuletzt so getröstet worden? Ich gehe bewusst dahin zurück und nehme meine eigene Erfahrung ernst.

33 Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf und die mit ihnen versammelt waren. 34 Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. 35 Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.

Vierter Punkt: Meine Erfahrung darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Sie will bezeugt und weitergegeben werden. Wie ist mir das möglich?