
zeevveez - CC BY 2.0
So heißt das neue Heft von Chrismon, das evangelische Magazin, das regelmäßig mehreren großen Zeitungen beiliegt. „Frieden ist möglich“ war ja der große Slogan der Friedensbewegung. Ich erinnere mich, dass von Bischof Hemmerle (1929-1994) erzählt wurde, dass er einmal zum Friedensgruß sagte: „Frieden ist möglich“ und dann vom Volk die prompte Antwort kam: „Und auch mit dir…“ Und alles lachte. Mit einem Lachen ist jedenfalls Frieden immer leichter möglich. Also einem freundlichen und humorvollen Lachen, nicht mit einem höhnischen oder zynischen Lachen, das es ja auch gibt. Das ist aber gar kein richtiges Lachen…
In dem Heft wird berichtet, dass bei den Friedensverhandlungen zwischen der Regierung von Kolumbien und den Farc-Rebellen von einem indischen Guru namens Sri Sri Ravi Shankar mitgeholfen wurde. Und wie? Sie werden es kaum glauben, durch Mediation. Also Mediation durch Meditation. Bevor sie redeten, wurde gemeinsam geschwiegen und in die Stille gegangen, auch wenn die Farc-Mitglieder zunächst sagten, dass sie als Marxisten gar nicht an Gott glauben. Aber Sri Sri Ravi Shankar hat sich davon nicht beirren lassen sondern gesagt: ‚Ja, das verstehe ich. Aber jetzt machen wir erst einmal diese Übung.‘ Und der Effekt trat auch bei den Marxisten ein.
Welcher Effekt? Die Meditation führt durch ihre Atemtechnik (Sudarshan Kriya) zu innerer Beruhigung und Konzentration. Wir werden fähiger, aufeinander zu hören, zuzuhören. Also nicht innerlich zumachen, sondern zuhören. Nicht verschließen sondern öffnen. Nicht den anderen vernichten, sondern den anderen sein lassen. Und damit sind wir schon nahe am Frieden. Die Meditation hat sehr geholfen, dass es Frieden zwischen der Regierung von Kolumbien und den Farc-Rebellen gab. Sie hat durch das Zuhören dazu geführt, einander zu verstehen und dann weiter dazu zu vergeben und nicht nur auf Gerechtigkeit und Vergeltung zu bestehen. Und sie hat dazu geführt, Schuld zuzugeben und die Vergebung anzunehmen. So können sich Versöhnung und Frieden ereignen.
Und warum in aller Welt nehmen sie in diesem katholischen Land ausgerechnet einen Yoga-Guru und nicht die katholische Kirche? Nun, ich weiß es nicht, aber ich vermute – ich vermute! – aus dem leicht einsehbaren Grund, weil der Kirche in diesem katholischen Land vielleicht nicht eine solche Freiheit von eigenen Interessen zugetraut wurde, wie sie nötig ist, wenn jemand erfolgreich vermitteln will. Denn das ist wichtig, dass der Vermittler selbst neutral ist und nicht einer Seite zugeneigt. Dass er nicht eigene Interessen verfolgt bei der Mediation.
Und was lehrt uns das? Meditation, Gebet, Verbindung mit Gott ist hilfreich auch in der hohen Politik. Und es ist genauso hilfreich in der kleinen Alltagspolitik. Vor wichtigen Gesprächen, sei es in der Familie, bei der Arbeit, in der Kirchengemeinde, sollte meditiert werden. Und das heißt, nicht einfach nur ein Gebet sprechen und abgehakt, sondern wirklich ins eigene Beten kommen, in die Stille gehen, ins Hören kommen, also nicht unter einer Viertelstunde!
Und wenn die Gespräche lang und schwer sind, dann öfter durch Gebet unterbrechen und durch stilles eigenes Nachdenken, was ich gehört habe, was es an Gefühlen auslöst, wo ich aber auch innerlich versuche, die Anliegen der Gegenseite wirklich zu vernehmen und ihnen Geltung zu geben. Mal innerlich auf die andere Seite gehen. Frieden ist möglich. Auch mit der Pfarrgemeinde, die wir jahrzehntelang als Gegner angesehen haben.
Und ich wünsche natürlich den Gesprächen für die zu bildende Bundesregierung solche Meditationszeiten! Aber sicher sitzt Sri Sri Ravi Shankar schon längst im Nebenzimmer und wartet auf die erste Meditationsrunde. Hoffentlich!
In diesem Sinne: ein friedliches Jahr 2018 ist möglich. Und auch mit Dir! 🙂
Thomas Gertler SJ
27. Dezember 2017
Lesen wir noch einmal den großartigen Text von Jesaja, in dem er den Frieden verheißt und die Vernichtung aller Kriegswerkzeuge. Wir haben die Worte in der Heiligen Nacht gehört, aber sie sollen uns auch ins Neue Jahr geleiten. Beim Propheten Micha steht dann das Wort: „Schwerter sollen zu Pflugscharen umgeschmiedet werden“ (Micha 4). Das zeigt das Bild

Denkmal von Jewgeni Wutschetitsch – Geschenk der Sowjetunion an die Vereinten Nationen (1959): "Schwerter zu Pflugscharen"
Neptuul - CC BY-SA 3.0
Jes 9,1 - 6
9,1 Das Volk, das im Dunkel lebt, / sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, / strahlt ein Licht auf. 2 Du erregst lauten Jubel / und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, / wie man sich freut bei der Ernte, / wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.
3 Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, / das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers. 4 Jeder Stiefel, der dröhnend daher stampft, / jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, / wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.
5 Denn uns ist ein Kind geboren, / ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; / man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, / Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. 6 Seine Herrschaft ist groß / und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich; / er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, / jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere / wird das vollbringen.