Ein Apfelbäumchen pflanzen …

Foto: Sven Teschke - CC BY-SA 3.0 DE

Den Luther zugeschriebenen Spruch kennen Sie wohl alle: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Der Spruch lässt sich nicht bei Luther finden, aber ist inzwischen fest mit ihm verbunden. Ein Hoffnungsspruch, wie wir ihn heute brauchen. In vielen kirchlichen Besinnungssendungen war jetzt etwas über den Apfel zu finden.

Auch die Jesuiten haben ein ganzes Heft mit Aquarellen von Äpfeln und Birnen über die Hoffnung herausgebracht, gemalt von Pfarrer Korbinian Aigner.

Korbinian Aigner war ein bayrischer katholischer Pfarrer (1885-1966), von dem man im Bistum sagte: Mehr Pomologe als Theologe. Pomologen sind Obstbauforscher. Und das war er von Herzen. Er hat es geschafft, sogar im KZ Dachau, in dem er als Gegner der Nazis einsitzen musste, Apfelbäume anzubauen und Apfelbäume zu züchten. Eine dieser Züchtungen hat überlebt, ursprünglich unter dem Namen KZ 3, heute Korbiniansapfel genannt nach seinem Züchter. Oben können sie einen ganzen Korb voll dieser Früchte sehen. Er hat dann auch viele Äpfel und Birnen gemalt, und diese Bilder gefallen mir ganz besonders gut.

Mit Luther ist der Spruch verbunden. Korbinian Aigner hat auch im KZ seine Apfelbäumchen gepflanzt. Ein lebendiges Zeichen der Hoffnung und der Zuversicht auch angesichts des Todes, der Bedrohung und Vernichtung. Und wir können uns fragen, woraus wir jetzt Hoffnung und Zuversicht angesichts der aktuellen Bedrohungen schöpfen können. Sicher können wir jeden Apfel in unserer Hand als so ein Zeichen der Hoffnung und der Zuversicht ansehen.

Und das rate ich Ihnen jetzt einmal zu tun: Nehmen Sie diese so gewöhnliche Frucht aus der diesjährigen Ernte und betrachten Sie diesen Apfel. Auf die Weise, wie wir es an dieser Stelle schon mit vielen verschiedenen Dingen aus der Natur getan haben, nämlich eine Betrachtung im wahrsten Sinne des Wortes halten. Den Apfel nur anschauen, nur wahrnehmen, nur betasten, riechen, fühlen. Nicht darüber nachdenken und wenn ich ins Denken und in Gedanken abgleite, wieder zu diesem konkreten Apfel zurückkehren. Immer wieder, wenigstens zwanzig Minuten lang.

Welch ein Wunder der Natur: staunen, erstaunen, wundern, bewundern. Immer genauer betrachten und so in dieses Wunder hineingehen. Es immer tiefer in mich eindringen lassen. Ja und dann schließlich auch essen, hineinbeißen und in mich eindringen lassen mit all der saftigen Süße und Säure. Wie wohltuend und erfrischend! Welch ein Geschenk mir da gemacht wird. Welch ein Zeichen der Hoffnung! Ja, es gibt sie noch diese Äpfel und wieviel tausend Jahre sind sie uns Menschen schon köstliche Nahrung. Ja, noch genauer gesagt: es gibt ihn nicht nur, den Apfel, nein, der Apfel gibt sich mir. Ich kann ihn mir einverleiben. Und das tue ich nun einmal ganz langsam und bewusst. Langsam und bewusst.

Geheimnis des Lebens: Leben lebt von Leben. Wir leben, weil anderes Leben sich mir schenkt und hingibt. Ich danke bewusst für den Apfel und ich kann auch dem Apfel danken, dass er mir zur Nahrung wurde. Ja, und dann kann ich auch anderen einen Apfel schenken oder mit anderen einen Apfel teilen. Wir denken natürlich sofort an den Paradiesapfel, wo das Essen aber nicht Zeichen der dankbaren Hoffnung, sondern des Misstrauens und des Ungehorsams war und darum schlimme Folgen hatte. Dass es ein Apfel war, steht übrigens nicht in der Bibel. Das kam erst durch die lateinische Übersetzung, in der malum sowohl Apfel wie das Böse heißt. Daher „malum ex malo“: „das Böse (kam) aus dem Apfel“.

Durch Maria, die die neue Eva ist, wurde dann der Apfel wieder zur Lebens- und Hoffnungsfrucht und es gibt viele Darstellungen mit Maria und dem Apfel. Er ist dann Zeichen der Hoffnung auf das neue Paradies.

Damit schließe ich für jetzt und grüße Sie herzlich

Thomas Gertler SJ

28. September 2022

Als Bild sende ich Ihnen ein sehr altes Bild, gemalt von Katherina von Bologna: Maria als neue Eva reicht Jesus als dem neuen Adam die Frucht. Als Bibeltext habe ich einen Abschnitt aus dem Hohenlied des Alten Testamentes genommen. Das ist ursprünglich einfach Liebeslyrik, aber sie wurde von Anfang an auf Gott und sein Volk, auf Jesus und die Kirche (Maria) bezogen.

Hoheslied 2,1 - 7

2,1 Ich bin eine Blume des Scharon, / eine Lilie der Täler. 2 Wie eine Lilie unter Disteln, / so ist meine Freundin unter den Töchtern. 3 Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes, / so ist mein Geliebter unter den Söhnen. In seinem Schatten begehre ich zu sitzen. / Wie süß schmeckt seine Frucht meinem Gaumen! 4 In das Weinhaus hat er mich geführt. / Sein Zeichen über mir heißt Liebe. 5 Stärkt mich mit Traubenkuchen, / erquickt mich mit Äpfeln; / denn ich bin krank vor Liebe. 6 Seine Linke liegt unter meinem Kopf, / seine Rechte umfängt mich. 7 Bei den Gazellen und Hinden der Flur / beschwöre ich euch, Jerusalems Töchter: Stört die Liebe nicht auf, / weckt sie nicht, / bis es ihr selbst gefällt!