
Foto: Fullfen - CC BY-SA 2.0
Eine Zeitschrift hat ihre Leserinnen und Leser gebeten, diejenigen Sätze einzusenden, die sie am liebsten hören. Was kam heraus? An erster Stelle – wen wundert’s: „Ich liebe dich!“ An zweiter Stelle auch noch gut nachvollziehbar: „Ich vergebe dir!“ An dritter Stelle erstaunlicherweise: „Das Essen ist fertig!“. Das habe ich gehört in einem kleinen Vortrag von Pfarrer Tomas Sjödin aus Schweden. Und wie er, möchte ich mit Ihnen mitten in der Fastenzeit über diesen dritten tröstlichen Satz etwas nachdenken.
Ist das auch für Sie tröstlich, erfreulich und beschwingend, wenn der Satz durchs Haus tönt: „Das Essen ist fertig!“? Mich hat er sofort an das Lied erinnert: „Der Kaffee ist fertig…!“. Darin klingt gleich noch der erste Lieblingssatz mit. Für mich war dieser dritte Satz erstaunlich, weil er ja nach den ersten beiden gewissermaßen absackt, weil er so bauchbezogen, bodenständig und leibhaftig klingt. Ganz aus alten Zeiten, wo Hunger noch eine echte Erfahrung war. Oder wenigstens wie aus der Kindheit und Jugend, wo es noch so richtigen Heißhunger und heftige Fressgier gab. Jetzt und für mich – und auch für Sie, liebe Leserin, lieber Leser, – immer noch so tröstlich und gern gehört?
Ja, das kann sehr tröstlich sein, nicht nur weil gutes Essen immer tröstet, sondern weil es auch eine Unterbrechung der Arbeit und eine Pause bedeutet und am wichtigsten, weil es, wenn der Ruf ertönt, Gemeinschaft bringt. Essen führt zusammen und bildet Gemeinschaft. Das war früher noch viel deutlicher, weil man oft aus einer Schüssel aß und weil alle das Gleiche aßen. Das ist heute eher selten geworden. Wir sind so speziell geworden mit dem Essen. Jede und jeder braucht sein Eigenes. Wir sind „Eigenbrötler“ geworden, im wahrsten Sinne des Wortes. Jede und jeder eine eigene Sorte Brot, eine eigene Sorte Marmelade oder Müsli oder, oder.
Und auch die tägliche Tischgemeinschaft ist selten geworden. Oft isst heute eine Familie nur noch einmal in der Woche gemeinsam und um einen Tisch herum. Das ist dann ein Ereignis und wichtig für den Zusammenhalt. Aber trotz der Seltenheit scheint das gemeinsame Essen immer noch sehr wichtig zu sein, wenn man im Fernsehprogram die vielen Koch-Shows sieht.
Ich will noch einen Schritt tiefer gehen. Essen rührt an das Geheimnis des Lebens. Nicht nur weil wir ohne Essen gar nicht leben können. Nicht nur weil wir damit im direkten Austausch mit der ganzen Welt stehen. Aus wie vielen Ländern der Erde stammt das alles, was bei uns auf dem Tisch steht! Nein, noch tiefer: Weil wir immer nur von Lebendigem leben können. Das ist auch erschreckend: damit wir leben können, muss anderes Leben sterben. Das gilt nicht nur für Huhn und Hase und Rind und Schwein, die wir essen. Das gilt auch für die Pflanzen. Auch Vegetarier können nur von Lebendigem leben. Und Lebendiges muss sich opfern. Korn wird gemahlen. Das schreckliche Gesetz vom Fressen und Gefressen werden, von der Nahrungskette, an deren Ende wir Menschen stehen.
Ich kann das gleiche Gesetz auch im Glauben sehen, so wie es Jesus getan hat. Dann beschreibt es den Lebenssinn überhaupt: Leben schenkt sich uns. Wir bekommen das Leben geschenkt. Aber auch wir sind dazu eingeladen, anderen das Leben zu schenken. Und in der Liebe ist es eine große Freude, wenn ich Leben schenken kann. Als Mutter und als Vater. Aber eben auch als Lehrerin, als Ärztin, als Bäcker und Koch, als Ordensmann oder Ordensfrau, als Feuerwehrmann oder -frau. Die meisten Berufe haben diese Seite, anderen Leben leichter zu machen und darin auch eigene Lebenskraft hinzugeben. Und das kann wunderschön und das kann auch sehr schmerzlich sein.
„Essen ist fertig!“ Führt uns ganz ins Zentrum menschlichen Lebens, wenn wir es etwas tiefer bedenken und das sollten wir einmal in einer eigenen Meditation tun, vielleicht mit einem Stück Brot in der Hand.
Es grüßt Sie herzlich und wünscht so sehr, dass Friede werde
Thomas Gertler SJ
23. März 2022
Jesus hat sein eigenes Leben und sein Sterben beim letzten Abendmahl mit dem Austeilen von Brot und Wein gedeutet als Hingabe für uns. Wir leben von diesem Brot, das Jesus ist und Jesus gibt. Es eint uns. Aber wenn wir lesen, was Paulus schreibt, dann sehen wir, dass es von Anfang an leider solche „Eigenbrötler“ gab, die weder warten noch teilen konnten.
1. Korinther 11,17 - 28
11,17 Wenn ich schon Anweisungen gebe: Das kann ich nicht loben, dass ihr nicht zu eurem Nutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt. 18 Zunächst höre ich, dass es Spaltungen unter euch gibt, wenn ihr als Gemeinde zusammenkommt; zum Teil glaube ich das auch. 19 Denn es muss Parteiungen geben unter euch, damit die Bewährten unter euch offenkundig werden. 20 Wenn ihr euch versammelt, ist das kein Essen des Herrenmahls; 21 denn jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg und dann hungert der eine, während der andere betrunken ist. 22 Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes? Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben? Was soll ich dazu sagen? Soll ich euch etwa loben? In diesem Fall kann ich euch nicht loben. 23 Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, 24 sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis![2] 25 Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! 26 Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. 27 Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. 28 Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken.