
Foto: M. Groß
Meistens sehen wir in unserem Leben nur die Rückseite des Teppichs, die hässliche Seite. Dort wo er grau ist. Dort wo die Knoten sind. Dort wo man kein Muster richtig erkennt. Dort wo alles wirr ist. Ostern wird, wenn wir die andere Seite zu sehen bekommen. Wenn sich der Teppich wendet und sein wunderbares Muster zeigt. Bisher habe ich nur das Graue gesehen, aber in all den Knoten, in all der Wirrnis, hat Gott einen wunderbaren Teppich geknüpft, dessen Muster ich nun bestaune.
Ostern ist, wenn der Himmelsvorhang reißt und der Nebel sich lichtet im Licht von oben. Wenn es mit der strahlenden Sonne auch wieder lichter in mir wird. Unserer Professor Otfried Müller hat einmal gesagt: Das Reich Gottes ist nichts weiter als, dass Licht gemacht wird. Dass sichtbar wird all die Liebe, all die Schönheit, all der Sinn, die vom Dunkel und vom Nebel verschluckt waren.
Ostern ist, wenn der querschnittsgelähmte junge Mann im Rollstuhl nach Jahren des Ringens und Kämpfens mit seinem Schicksal, mit dem furchtbaren Unfall beim Kopfsprung in den See, erkennt und bekennt: „Jetzt erst erfahre ich, welch ein Wunder das Leben ist, wie unglaublich und wie groß bei all den Einschränkungen. Jetzt erst bin ich dankbar dafür. Vorher habe ich nur so dahin gelebt und alles für selbstverständlich genommen. Jetzt freue ich mich über jeden Tag.“ Da ist der Himmelsvorhang aufgerissen. Die Sonne strahlt. Und seine Freude am Leben macht auch das Leben seiner Mitmenschen heller.
Vielleicht haben Sie persönlich oder bei Menschen Ihrer Umgebung das einmal ähnlich erlebt, dass sich der Teppich wendet, dass der Vorhang zerreißt, dass Licht wird und Freude dort entsteht, wo es ganz unmöglich schien. Jetzt ist die Zeit, sich daran zu erinnern. Denn da schien schon das Osterlicht in Ihr Leben oder das Leben eines lieben Mitmenschen.
Lange habe ich im Netz nach einem Bild von der Rückseite eines Teppichs gesucht. Ich bin nicht fündig geworden. Dann habe ich diese Vorderseite gefunden, nämlich die Vorderseite von diesem Osterteppich auch dem Kloster Lüne.
Der Teppich ist fast 20 m² groß. Schwestern haben ihn in zwei Jahren Arbeit von 1504/05 gestickt. Christus in der Mitte steigt aus dem Grab. Neben ihm zwei Engel mit Weihrauchfässern. Vor dem Grab zwei Wächter. Diese Szene ist als Stern, als Morgenstern dargestellt. Und sie hat damit kosmische, weltweite Bedeutung. Das All wird erleuchtet durch diesen Morgenstern. Der Teppich ist ein bildlicher Kommentar zum Osterjubel aus der Liturgie, dem „Exsultet“. Wer sich näher damit beschäftigen will, kann das hier nachlesen, auch alle Texte sind übersetzt. Es lohnt sich, denn es sind alle liebenswerten Einzelheiten zu sehen.
Aber eines muss ich Ihnen noch sagen. Es sind nicht nur die mittelalterlichen Tiersymbole für die Auferstehung eingestickt wie der Phönix, der aus der aus der Asche emporsteigt, der Adler und der Löwe, die ihre Jungen erwecken oder der Pelikan, der seine Kinder mit dem Herzblut nährt, nein, auch der Humor kommt nicht zu kurz. Denn da sind auch ein Papagei, der mit einem „Papegoyeke papegoyke“, ein Wiedehopf, der mit einem: „up, up, up“ oder ein Pfau, der mit einem „eo, eo, eo“, in den österlichen Jubel einstimmen. Alles singt und jubiliert auf diesem Teppich.
Sie dürfen es auch tun. Und wenn es noch nicht möglich ist, weil Sie wie die Emmausjünger am Anfang ihres Weges nur die Rückseite des Teppichs sehen, so dürfen Sie wissen, Jesus geht schon mit Ihnen.
Und im Lauf Ihres Weges wird Jesus Ihnen den Sinn von allem eröffnen. Er wird den Teppich wenden und der Himmelsvorhang wird reißen. So durfte ich es jetzt wieder erleben bei den Exerzitien jetzt in Heiligenbronn. Vielen hat Jesus sich da als lichter Morgenstern gezeigt und ihr Herz hat zu brennen begonnen.
Das wünsche ich Ihnen von Herzen
Thomas Gertler SJ
4. April 2018
Die Emmaus Geschichte in Lukas‘ Kapitel 24 erzählt, wie der Glaube an den Auferstandenen entsteht. Er entsteht, indem Jesus sich dazu gesellt zu unserer Not und Enttäuschung, zu unserer Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Wir sollen sie ihm erzählen und vor ihn bringen und er eröffnet uns den Sinn von allem. Dann werden wir ihn erkennen.
Lk 24, 13 - 35
24,13 Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. 14 Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. 15 Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. 16 Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, sodass sie ihn nicht erkannten. 17Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen, 18 und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? 19 Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. 20 Doch unsere Hohenpriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. 21 Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. 22 Aber nicht nur das: Auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, 23 fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. 24 Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht. 25 Da sagte er zu ihnen: Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. 26 Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen? 27 Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht. 28 So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, 29 aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. 30 Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. 31 Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. 32 Und sie sagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss? 33 Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf und die anderen Jünger versammelt. 34 Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. 35 Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.