
Foto: Martin Manigatterer - via Pfarrbriefservice.de
Unter den Rosen finde ich noch kleine Reste vom Silvesterfeuerwerk. Seit Wochen war ich nicht im Garten vor dem Haus – die dunkle Jahreszeit: man geht morgens im Dunkeln zur Arbeit und kommt spätnachmittags im Dunkeln heim. Lange nichts von den Nachbarn gehört. Heute aber, am Samstag vor „Lichtmess“, leistet mir der eine oder die andere beim Schneiden der Harlekinweide etwas Gesellschaft. „Ich habe eine schwere Operation hinter mir“, erzählt der Mann von gegenüber. Seine Schwäche ist ihm noch anzusehen. Die junge Mutter von nebenan klagt über das Klima am Arbeitsplatz, das immer unerträglicher wird. „Wenn wir das Geld nicht bräuchten, würde ich sofort gehen“, sagt sie und nimmt mir ein paar Äste für die grüne Tonne ab. – „Der Volksmund hat Recht“, so denke ich, „unter jedem Dach ein Ach“. Und jedes Ach braucht auch ab und zu einmal ein Ohr.
Ein Zuhör-Kiosk am Weg
In der U-Bahn-Station Emilienstraße im Hamburger Westen gibt es den Zuhör-Kiosk DAS OHR. Der kleine gläserne Bau dient als Hör-Station für alle Menschen, die zufällig oder absichtlich vorbeikommen und sprechen wollen. „Ich höre Ihnen zu“, steht da auf einem Plakat, „jetzt gleich oder ein anderes Mal.“ Ehrenamtliche schenken hier Zeit und nehmen Anteil an den Sorgen, Nöten und Fragen, manchmal auch am Glück der Kommenden – ohne Verzweckung und ohne Bezahlung. Bei speziellen Nöten wird an eine geeignete Hilfsorganisation verwiesen. Als „Ferment des Vertrauens“ wirke DAS OHR, so aus einem Erfahrungsbericht. „Viele kommen am Kiosk vorbei, klopfen an die Scheibe und zeigen ihre Freude darüber, dass da Leute sitzen und hörbereit sind.“ In einer durchkommerzialisierten Welt gibt es da eine Stelle, wo Menschen etwas gratis anbieten, ohne etwas zu wollen. „Das wärmt die Stadt“, sagt eine Mitarbeitern, und es erregt Aufsehen.
Kommunizieren in Echtzeit
Das Telefon, eine bahnbrechende Erfindung des 19. Jahrhunderts, wird mittlerweile Untersuchungen zufolge vor allem von jungen Menschen immer weniger genutzt; beliebter sind WhatsApp, SMS, eMails, Chats oder Facebook. Das Hören von Ohr zu Ohr, von Stimme zu Stimme scheint immer mehr aus der Übung zu geraten. Ist manchem das Kommunizieren in Echtzeit zu intim geworden? Zu verbindlich? Zu nah? Statt hörbarer Worte werden getippte Buchstaben und Emojis gesendet. Aber können noch so phantasievolle Emojis wirklich Emotionen, Regungen und Gefühle vermitteln und beim Gegenüber eine Resonanz und Nähe erzeugen?
Gottes Ohr an unserem Herzen
Ein Ohr, dem nichts zu nah und nichts Menschliches fremd ist, ist Gottes Ohr. Er sagt uns durch Jesus Christus: „Ich bin bei euch alle Tage“ (Mt 28, 20), sozusagen live, in Echtzeit, ohne vorgeschaltete Mobilbox. Wenn das menschliche Herz voll ist von Freude oder Kummer, von Dank, Angst oder Verwirrung, dann hat es immer einen Platz an Gottes Ohr. So lautet ein prägnanter Buchtitel von Klaus Hemmerle auch: „Dein Herz an Gottes Ohr“. Der Autor weiß für den gläubig-suchenden und betenden Menschen keinen exzellenteren Platz. Ist Gott doch nicht nur ganz Ohr für uns, sondern Er will durch seinen heiligen Geist sogar in uns, für uns und mit uns beten und sich uns mitteilen. Näher geht es nicht. Wir dürfen uns trauen, unser Herz zu Gott sprechen zu lassen „wie ein Freund mit einem Freund“ (Ignatius von Loyola). Dazu ermutigt uns in jeder Messfeier auch der Zuruf des Priesters: „Erhebet die Herzen“ und die Antwort der Gläubigen: „Wir haben sie beim Herrn.“
Gott hat sein Ohr an unserem Herzen. Seine „Zuhör-Station“ ist rund um die Uhr geöffnet. Vielleicht können auch wir nach unseren Möglichkeiten Mikro-Zuhör-Stationen schaffen und sie hoffentlich selber auch finden – ob beim Einkaufen oder beim Sport, an der Kirchentür, bei einer Mahlzeit oder Zugfahrt oder am Altglascontainer mitten in der Siedlung. Oder auch in ausgewählten Zeiten wie in der geistlichen Begleitung oder in Exerzitien. – Gottes Ohr ist an unserem Herzen. - Sursum corda!
Herzlich grüßt Sie
Marlies Fricke (GCL)
05. Februar 2020
Trotz der großen Liebe ihres Mannes leidet Hanna unter ihrer Kinderlosigkeit und den Demütigungen ihrer Rivalin. Aber nicht verhaftet bleibt die Frau in ihrer Traurigkeit, sondern sie steht auf, tritt vor den Herrn und schüttet ihm ihr Herz aus, bis man sie sogar für betrunken hält. Sie aber lässt sich nicht wegschicken …

Foto: Bernhard Riedl via pfarrbriefservice.de
1 Samuel, 1, 9-18
Nachdem man in Schilo gegessen und getrunken hatte, stand Hanna auf. Der Priester Eli saß an den Türpfosten des Tempels des HERRN auf seinem Stuhl. 10 Hanna war verzweifelt, betete zum HERRN und weinte sehr. 11 Sie machte ein Gelübde und sagte: HERR der Heerscharen, wenn du das Elend deiner Magd wirklich ansiehst, wenn du an mich denkst und deine Magd nicht vergisst und deiner Magd einen männlichen Nachkommen schenkst, dann will ich ihn für sein ganzes Leben dem HERRN überlassen; kein Schermesser soll an sein Haupt kommen. 12 So betete sie lange vor dem HERRN. Eli beobachtete ihren Mund;13 denn Hanna redete in ihrem Herzen, ihre Lippen bewegten sich, doch ihre Stimme war nicht zu hören. Eli hielt sie deshalb für betrunken 14 und sagte zu ihr: Wie lange willst du dich noch wie eine Betrunkene aufführen? Sieh zu, dass du deinen Weinrausch los wirst! 15 Hanna gab zur Antwort: Nein, Herr! Ich bin eine unglückliche Frau. Ich habe weder Wein getrunken noch Bier; ich habe nur dem HERRN mein Herz ausgeschüttet. 16 Halte deine Magd nicht für eine nichtsnutzige Frau; denn nur aus großem Kummer und aus Traurigkeit habe ich so lange geredet. 17 Eli erwiderte und sagte: Geh in Frieden! Der Gott Israels wird dir die Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet hast. 18 Sie sagte: Möge deine Magd Gnade finden vor deinen Augen. Dann ging sie weg; sie aß wieder und hatte kein trauriges Gesicht mehr.