Das größte Rätsel der Menschheit

 

Im Grunde weiß jeder Mensch, was ihn glücklich und was ihn unglücklich macht. Das ist jedenfalls meine These. Wir tun aber nicht das, was uns glücklich macht, sondern meist das, was uns unglücklich macht. Und das ist vielleicht das größte Rätsel der Menschheit.

Es macht mich zum Beispiel froh, wenn ich mich aufmache, mich entschließe, jetzt endlich den schwierigen Brief zu schreiben oder den Aufsatz anzufangen, den ich schon lange vor mir herschiebe. Oder wenn ich einfach das Problem mit unserer Wasserleitung oder dem warmen Wasser angehe, das mich schon so lange stört. Wenn einen Termin zum Gespräch erbitte, das ich schon so lange vermeide. Wenn ich mich aufmache, und es angehe, wächst die Freude und die Energie.

Stattdessen schiebe ich weiter. Das schöne Fachwort dafür heißt prokrastinieren, was nichts weiter heißt als: auf Morgen. Und das Ergebnis ist eine Abwärtsspirale. Energie und Freude werden immer geringer. Diese Spirale führt immer tiefer in meine Trägheit und mein Aufschieben. Ich werde immer müder und trauriger. Warum ist das so schwer, sich aufzumachen? Rätsel!

Andere wissen genau, wenn ich jetzt das nächste Stück Schokolade noch esse, dann werde ich so richtig unzufrieden mit mir und habe ein ekelhaft schlechtes Gewissen. O, wenn ich es doch lassen könnte. Nein, ich schiebe es noch rein, fühle mich innerlich völlig braun verklebt und unglücklich. Warum? Warum mache ich das, was mich unglücklich macht, wo ich doch weiß, was richtig, gut und Freude bringend wäre. Rätsel!

Wieder ein anderer wollte nur mal kurz im Internet schauen, wie der Obermessdiener Andreas Schmitt beim Mainzer Karneval heftigst gegen die AfD wettert und bleibt dann den ganzen Abend bei Markus Krebs und seinen Witzen hängen. Es bekommt ihm nicht gut. Er sollte längst abgeschaltet haben, aber nein, er schaut auch noch das nächste „Youtube-Filmchen“. Und schon ist es wieder Mitternacht.

Das größte Rätsel der Menschheit. Verstehen Sie jetzt besser, was ich meine? Kennen Sie das auch von sich selbst. Immer tun wir, was uns traurig macht, obwohl wir tun könnten, was uns wirklich froh und glücklich macht. Woran liegt es? Schon lange denke ich darüber nach.

Ja, Paulus, der das auch so kennt und beschreibt, sagt, es ist die Macht der Sünde und des Bösen in uns, die wir erfahren (Römerbrief im 7. Kapitel). Das stimmt. Vielleicht ist es aber auch so, dass so das volle Glück für uns gar nicht aushaltbar wäre? Ich würde ja platzen vor Freude, wenn ich ihr immer ganz konsequent folgen würde? Oder? Und natürlich denken wir oft, vielleicht ist diese Freude diesmal ohne die Mühe, die Anstrengung, das Wagnis zu erreichen, die sie sonst immer kostet.

Für mich ist darin aber noch etwas enthalten, nämlich so eine Art Test. Wie weit kann ich es treiben bis zur Katastrophe? Oder entwische ich in letzter Sekunde doch noch? Dieser Test kann dann noch etwas persönlicher gefärbt sein, nämlich Gott gegenüber: Wie weit kann ich es treiben und du hilfst mir immer noch? Wie weit kann ich es treiben und du liebst mich immer noch? Liebesprobe? Vertrauensprobe? Versuchung Gottes? Vielleicht auch das. Jedenfalls kenne ich das so in einer ganz verborgenen Ecke bei mir. Was also mag die Lösung des größten Rätsels der Menschheit sein? Was denken Sie?

Noch wichtiger als den letzten Grund zu kennen ist aber die Frage: Wie komme ich raus aus dieser Traurigkeitsecke? Wie schaffe ich es, aus mir heraus zu gehen? Mich zu öffnen? Mich zu entschließen? Mich zum Glück durchzuringen? Erstens immer besser darin werden, die schiefe Ebene und Abwärtsspirale zu bemerken. Also nicht tagelang tiefer rutschen, sondern zweitens dann sofort unterbrechen, nicht weiter dem Fallgesetz nachgeben, stoppen. Drittens innehalten im Gebet. Um Verzeihung und Barmherzigkeit bitten. Dann die Kraft erbitten, den nächsten Schritt heraus zu tun. Und so lange beim Gebet bleiben, bis ich die Kraft spüre, die Hoffnung fühle, dem Licht zu folgen und herauszugehen. Und dann losgehen.

Lösen Sie jedenfalls für sich das größte Rätsel der Menschheit und folgen Sie nicht dem Dunkel, sondern dem Licht!

Es grüßt Sie herzlich und wünscht Ihnen dazu Gottes Beistand
Thomas Gertler

4. März 2020

Jesus sagt zu dem Gelähmten im Johannesevangelium: Nimm dein Bett und geh! Bleib da nicht liegen! Richte dich auf! Steh auf und geh! Genau das sollen wir tun! Auch wenn wir schon vierzig Jahre so herumliegen und jammern. Nein, jetzt aufstehen und losgehen.

Foto: Chatsam - CC BY-SA 3.0

 

Johannes 5,1 - 9

5,1 Danach war ein Fest der Juden und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. 2 In Jerusalem gibt es beim Schaftor einen Teich, zu dem fünf Säulenhallen gehören; dieser Teich heißt auf Hebräisch Betesda. 3 In diesen Hallen lagen viele Kranke, darunter Blinde, Lahme und Verkrüppelte. 5 Dort lag auch ein Mann, der schon achtunddreißig Jahre krank war. 6 Als Jesus ihn dort liegen sah und erkannte, dass er schon lange krank war, fragte er ihn: Willst du gesund werden? 7 Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, sobald das Wasser aufwallt, in den Teich trägt. Während ich mich hinschleppe, steigt schon ein anderer vor mir hinein. 8 Da sagte Jesus zu ihm: Steh auf, nimm deine Liege und geh! 9 Sofort wurde der Mann gesund, nahm seine Liege und ging.