
Brody Neuenschwander: Auferstandener Christus (2018),
Foto: pdp, Roland Pfaff
Kurz vor der Mittagspause kündigt sich der Techniker für meinen defekten Drucker an. Ade, schöne Pause, in der ich eigentlich mit Kollegen etwas essen wollte. Gerade will ich mich so richtig darüber ärgern, weil mich auch sonst an diesem Vormittag die Computertechnik schon einige Nerven gekostet hat. Da fällt mir wieder dieser Satz aus dem Evangelium ein: Friede sei mit euch!
Der österliche Gruß Jesu war mir neulich im Gottesdienst besonders aufgefallen – vielleicht wegen Syrien, Nordkorea oder der Ukraine, oder weil immer öfter von Handels- oder Cyberkriegen die Rede ist? Jedenfalls war das erste Wort des Auferstandenen an seine Jünger: Friede. In all die Jerusalemer Verunsicherung und Resignation hinein schlicht und einfach: Friede sei mit euch. Warum sollte auch ich mir das nicht einfach zwischendurch einmal sagen: Friede sei mit mir! Wie ein kurzes Stoßgebet in turbulenten Augenblicken. Shalom! Herr, gib mir deinen Frieden!
Jesus Christus, unser Friede
Am Ostermontag wurde hier in Paderborn eine neue Glocke für den Dom geweiht, die größte und letzte, die das Geläut aus der Wiederaufbauzeit der Kathedrale vervollständigen wird. Trägt das Glockenensemble von 1951 bereits den Titel „Friedensgeläute“, so erhielt die finale Bassglocke nun das Patronat „JESUS CHRISTUS – UNSER FRIEDE“. Ein belgischer Künstler hat für die vordere Flanke der Glocke den auferstehenden Christus als Reliefbild (s. oben) geschaffen. Der Gekreuzigt-Auferstehende windet sich mit seinem ganzen Körper, als wolle er Fesseln oder einen Kokon sprengen; sein linker Fuß mit der deutlichen Wunde hat bereits eine Grenze durchstoßen. Sein Blick ist noch ganz nach innen gerichtet, doch „im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte“ (Mk 5,30). Und diese Kraft strahlt - von den Sternen rundum angedeutet - in den Kosmos hinaus.
Frieden suchen und finden
„Friede sei mit euch“, so der Gruß des Auferstandenen. Friede ist mit uns, weil Gott, weil Jesus mit uns ist und gesagt hat: „Meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27). Oft ist es doch der kleine, nagende Unfrieden mit sich selbst, sind es die subtilen Kleinkriege im Alltag oder die unbefriedeten Regungen der Seele, die auf Dauer zermürbend sein können. Unbefriedetes sucht aber nach dem, was entlastet, löst, tröstet und versöhnt. Ignatius von Loyola spricht von „geistlichem Trost“, den Gott schenkt in Form von seiner gespürten Nähe, von wachsender Freude, Liebe und Hoffnung. Diesen Trost und Frieden darf der Mensch sich – horchend, betend, übend – von Gott schenken lassen: „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht“ (Joh 14,27).
Es mögen sich einige persönliche Fragen lohnen:
In welchen Momenten empfinde ich inneren Frieden oder tiefe Zufriedenheit?
Welche Orte, Bilder, Worte oder Musik schenken mir Frieden und Ruhe?
Was hilft mir, friedfertig zu sein oder es (immer mehr) zu werden?
Wo habe ich im Rückblick - vielleicht nach Konflikten, Krisen oder Entscheidungen - Frieden empfunden oder gefunden?
Wo wünsche ich mir konkret und aktuell Frieden? - Kann ich damit beten?
Frieden stiften
Das moderne Relief von der Friedensglocke erinnert mich - nicht nur optisch - an den Holzschnitt von Otto Pankok von 1950 mit dem Titel „Christus zerbricht das Gewehr“. Gewiss, eine etwas rebellische Darstellung, die der damaligen Zeit geschuldet ist, aber wieder ist es Christus, der buchstäblich einen Durchbruch schafft. - „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen“ (Jes 2,4).

Otto Pankok: "Christus zerbricht das Gewehr"
Foto: Jürgen Henschel, 1982 - Rechte vorbehalten - Freier Zugang, via FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum
Vielleicht lohnt sich einmal ein Blick in den eigenen „Waffenschrank“. Welche Schwerter aus Eitelkeit oder Stolz, welche Lanzen aus Prinzipien oder Angst sind vielleicht gar nicht mehr nötig und nehmen nur Platz weg? Wo möchte vielleicht etwas entwaffnet und „umgeschmiedet“ werden? Wo wachsen schon kleine Friedenspflänzchen, so dass wir manchmal „mitten im Streit ein Fest der Auferstehung“ (Gotteslob 472) feiern könnten?
Jesus Christus, unser Friede, den schon die Engel in der Heiligen Nacht besangen. Sein Friede will mit uns sein auch, damit wir ihn verbreiten, so wie der Klang einer Glocke sich in den Straßen und auf den Plätzen einer Stadt verbreitet: „Friede sei mit euch!“
Herzlich grüßt Sie aus Paderborn
Marlies Fricke (GCL)
25. April 2018
Die Seligpreisungen, die auch den Friedensstiftern gelten, sind untrennbar an die Person und das Werk Jesu geknüpft. Sonst blieben sie im Bereich der ewig Belächelten oder Bemitleideten. Jesus bevorzugt aber gerade jene, die Mängel aufweisen, Arme, Leidende, Weinende, Gewaltlose, weil diese seiner Sendung am nächsten stehen.

Martin Luther King und Präsident Johnson
Matthäus 5, 1-12
1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach: 3 Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. 4 Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. 5 Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben. 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden. 7 Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. 8 Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen. 9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt.