Bleibe behütet!

Foto: Jorge Royan - CC BY-SA 3.0

Das habe ich mir jetzt angewöhnt unter meine Mails zu schreiben: „bleibe behütet“, nicht „bleibe gesund!“. Denn das wird oft als Aufforderung, ja fast als Befehl gehört. „Bleibe behütet“, hat auch ein bisschen was Altmodisches wie das frühere „bleiben Sie uns gewogen“. Und es ist mir als Theologen wichtig, denn es handelt sich dabei um das so genannte „Passivum divinum“: also wer hinter dem Passiv steht und wer uns da behütet und behüten soll, das ist Gott selbst, der Hüter und gute Hirte. Darum also: bleibe behütet!

Und das habe ich mir angewöhnt jetzt in und wegen der Coronazeit, wo uns jederzeit und fast allerorts der Virus anfallen kann. Ja, da ist Gottes Hut so gut. Da ist sie so nötig. Wir können und müssen uns zwar selbst schützen, so gut wir können. Aber da bleibt ja so ein Rest, so etwas, das wir nicht selbst können. Oder sollte ich vielleicht theologisch richtiger sagen, nein, Gottes Hut deckt nicht nur den Rest ab. Gottes Hut ist so groß, dass damit alles abgedeckt wird.

Wir können nämlich Gottes Hut und unsere Vorsicht nicht gegeneinander aufrechnen. So viel ich und so viel Gott. Nicht wie wenn wir bei Regen mit zwei Schirmen unterwegs sind. Teilweise überdecken sie sich, teilweise deckt jeder Schirm nur seine Seite ab. Nein, Gottes Schirm ist größer als mein Schirm, ja größer als das Himmelszelt. Gottes Schutz schirmt auch das Himmelszelt und den unermesslichen Sternenhimmel noch. So groß sind Gottes Hut und Gottes Schirm.

Foto: Cappelli - CC BY-SA 2.0

Und wozu dann noch unser Schirm und eigene Vorsorge? Weil Gottes Sorge auch durch unsere und mittels unserer Menschensorge geht und sich durch das Walten der Naturgesetze und durch alles Zufällige und Unberechenbare vollzieht. Gott waltet in all dem und mit all dem, aber nicht ausschließlich. Er waltet darüber hinaus. Gott bleibt frei auch gegenüber seiner Schöpfung. Er wirkt in all dem, was wir vorsehen und berechnen und verstehen können. Und in all dem, was wir nicht vorsehen und berechnen und verstehen können. Also Gottes Sorge hebt meine eigene Sorge nicht auf. Er hebt auch die Naturgesetze nicht auf. Er lässt auch dem Virus seinen Lauf. Und dennoch ist er über alle diese Kräfte hinaus und in allen diesen Kräften mächtig und hütet uns. Immerzu.

Dann also auch in dem, was wir Unglück nennen und Katastrophe und Schrecken und Not, auch in der Ansteckung durch den Virus? Ja, auch darin. Wir nennen es Unglück und Schrecken und Not und das sind sie auch. Darum schreien wir und sind wütend und weinen wir. Mit recht. Aber auch darin und darüber ist Gottes Schirm aufgespannt. Wir aber haben das gegenteilige Gefühl, dass Gott uns verlassen hat und eben nicht auf uns und unsere Lieben aufgepasst hat. Und so ist es für uns auch. Für uns ist es Verlassenheit und Not und das Schlimmste, was passieren konnte. So ist es, weil wir in der Zeit leben, im Jetzt leben und da ist es für uns so. Und wir dürfen diese Not und die Verlassenheit vor Gott herausschreien, müssen es auch und sollen es auch. Jesus tut es ja auch am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Aber dennoch und auch in diesem Moment behütet uns Gott. Und das wirkt auf uns pervers und unmöglich, wenn ich das sage und das können wir auch nicht richtig denken. Aber die Zeit hilft uns. Die Zeit hilft uns und darin hilft Gott, dass wir nämlich Wege der Wut und der Trauer gehen und darin wachsen und reifen. Dass wir mit den Jahren erkennen, was erst einmal gar nicht zu sehen war: auch darin hat Gott gewirkt und mich weiter geführt und zwar dahin, auch dort noch einmal Gottes Liebe und Gnade zu finden, die mich rettet. Dass ich dann sagen und singen kann: „Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht“. Alles ist Gnade? Kann ich das sagen? Wenn alles Gnade ist, dann ist doch auch nichts Gnade? Dann gibt es doch keinen Unterschied.

Wenn ALLES Gnade ist, dann ist doch alles gleich? Wenn in allem Gott gleicherweise präsent ist, dann ist ja da kein Unterschied dazu, dass kein Gott wirkt und es keinen Gott gibt. Das ist für viele Grund zum Unglauben und Atheismus. Dazu sage ich folgendes: Gottes Wirken und seine Präsenz und sei Hüten geht so, dass es eine Richtung hat, dass er in allem auf unser Heil, auf unser Leben, auf unsere Rettung aus ist. Das macht den Unterschied. Das aber können wir erst nach einer Zeit, oft nach langer Zeit der Seelenarbeit, der Lebensarbeit erkennen, besser erahnen und glauben. Es wird uns erst richtig einsichtig, wenn wir einmal ganz bei Gott sind. Jetzt und hier können wir es im Glauben und Vertrauen ab und zu einmal sehen, spüren, ahnen und dessen gewiss sein.

Und das geschieht leichter, wenn wir dazu die Erfahrungen anderer Glaubender hinzunehmen. Zuerst die, die in der Bibel festgehalten sind. Es sind die Glaubenswege und Erfahrungen seit Abraham, seit Jesus, seit Maria, seit Paulus, seit Johannes. Sie haben es erfahren und erzählen uns genau diesen Weg. Aber auch die Glaubenden heute, die es erlebt haben. Und damit sind wir auch bei dem, was wir den Heiligen Geist und Pfingsten nennen. Denn es ist der Heilige Geist, um den wir bitten und den wir empfangen, der uns diesen Weg führt, der uns das erkennen lässt, was wir jetzt nicht verstehen und sehen. Er führt uns in die ganze Wahrheit ein und lässt uns Gottes Hüten, Bewahren und Führen spüren.

Also bleiben Sie behütet und feiern Sie froh das Pfingstfest
Thomas Gertler SJ

19. Mai 2021

Dass wir bewahrt und behütet werden durch Gott, den Vater, durch Christus, den guten Hirten und durch den Heiligen Geist, der seine Flügel über uns breitet, das verheißt uns Jesus.

Foto: Transport Pixels - CC BY 2.0

 

Johannes 15,16 - 26 / Johannes 17,11 - 13

15,16 Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, 17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. 18 Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. 25 Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. 26 Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

17, 11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir! 12 Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte. 13 Aber jetzt komme ich zu dir und rede dies noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben.