Bald kommt der Wellerman!

Das Hamburger Walfangschiff “Hoffnung”

“Soon will the Wellerman come…” haben Sie dieses Shanty schon gehört? Es steht ganz oben auf der Hitliste. Es ging kürzlich viral, wie man so passend in dieser Zeit des Virus sagt. Wenn Sie es nicht kennen, dann hören Sie es hier erst einmal an und lassen Sie sich anstecken von seiner Kraft und Hoffnung. Es war für den Sänger Nathan Evans aus Schottland, der normalerweise Briefe in Airdrie (what the hell is Airdrie?) austrägt, eine totale Überraschung, dass dieses Lied so eingeschlagen hat. Inzwischen weltweit. Und er muss nun sicher keine Briefe mehr austragen, sondern kann ganz und gar Musiker werden, was er immer wollte.

„Bald kommt der Wellermann und bringt uns Zucker und Tee und Rum… Soon may the Wellerman come to bring us sugar and tea and rum“. Das ist die Zeile des Refrains, die so oft wiederholt wird, dass man sie am Ende des Liedes schon auswendig kann. Stimmt’s? Und das macht zusammen mit dem heftig bestätigenden Schlag von Nathan Evans die trotzige und frohe Hoffnung aus, die von dem Lied ausgeht. Diese trotzig frohe Hoffnung brauchen wir so dringend in dieser Pandemiezeit und darum ist das Lied so oft gehört worden.

Das Lied stammt ursprünglich von den neuseeländischen Walfängern des 19. Jahrhunderts. Sie jagten dort unter Lebensgefahr Wale. Das ist inzwischen längst beendet. Zum Glück für die Wale, aber auch zum Glück für die Seeleute. Vor vielen Jahren habe ich den dicken Roman „Moby Dick“ gelesen, da wird äußerst spannend geschildert, wie der Walfang vor sich ging und wie quälend er war für Mensch und Tier. Die Seeleute von Neuseeland jagten nicht weit von der Küste. Darum konnten sie so etwas wie das Versorgungsschiff der Firma Weller erwarten und die Wellermen unter Umständen herbeirufen. Das ist der Hintergrund, um den Text des Liedes zu verstehen.

Aber passt denn dieses Lied jetzt hierher als Impuls und in diese Zeit vor Ostern? Ja, das kann man mich mit Recht fragen. Wir erwarten ja nicht nur einfach „sugar and tea and rum“, aber wir freuen uns natürlich auch darauf, dass die so ernst und eher traurig gestimmte Fastenzeit vorbei geht und wir auch wieder Ostereier, Osterlämmer und Osterwein oder Ostereierlikör bekommen. Wir freuen uns, wenn die Pandemie vorbei geht und wir die Enge unserer Corona-Kajüte verlassen können. Wenn wir uns endlich, endlich wieder ohne Maske begegnen können. Wenn wir auf unkomplizierte Weise fröhlich feiern können. Wenn wir uns umarmen und nahe sein können, frei und ohne Angst. Das ersehnen wir. Und da geht es uns ganz ähnlich wie den Seeleuten im Shanty. Und die erwarten auch nicht nur „sugar and tea and rum“, vielmehr steht das ja für die Freude, nach der Plackerei und der bestandenen Lebensgefahr wieder ins Leben zurück zu kehren. Es passt schon zu dem, was Ostern auch ist, es ist halt nicht fromm, aber die Hoffnung ist ähnlich.

Und darum nun die Frage an Sie, liebe Leserinnen und Leser: wer ist denn Ihr Wellerman, den sie so sehnlich erwarten und was erwarten Sie so sehr? Nathan Evans war ja als Briefträger auch so eine Art Wellerman, der vielleicht von einigen sehnlich jeden Tag erwartet wurde. Post, sehnsüchtig erwartete Post. Ja, das Ende der Pandemie und das normale Leben. Was ist für Sie der Ausdruck dafür und dabei das Wichtigste?

Wie erhalten Sie Ihre Hoffnung und Sehnsucht aufrecht? Wie kämpfen Sie weiter und richten sich auf in dieser Zeit? Das Lied vom Wellerman und das Singen überhaupt helfen. Tun Sie es wenigstens daheim für sich allein oder mit der Familie. Trauen Sie sich und singen Sie es mit. Und hauen Sie dabei irgendwie auf den Schreibtisch oder so… Das gibt Widerstandskraft und stärkt die Hoffnung. Tun Sie all das, was die Kraft und die Hoffnung vermehrt!

Es grüßt Sie herzlich
Thomas Gertler SJ

24. März 2021

 

Die Erfahrung des Psalms 107 ist, dass Gott in allen Notsituationen den Rufenden, Bittenden, Schreienden seines Volkes zur Hilfe kommt. Sie kommen durch eigene Schuld in Not und Gefahr, aber Gott rettet sie, wenn sie sich ihm zuwenden und zu ihm rufen. An dieser Stelle des Psalms 107 auch die Seeleute.

 

Psalm 107, 23 - 32

107,23 Sie, die mit Schiffen das Meer befuhren,
Handel trieben auf den großen Wassern,
24 die dort schauten die Werke des HERRN,
seine Wundertaten in der Tiefe.
25 Er sprach und ließ den Sturmwind aufstehn,
der hoch die Wogen türmte,
26 sie stiegen empor zum Himmel, /
in die Urtiefen sanken sie hinab,
sodass ihre Seele vor Not verzagte,
27 sie wankten und schwankten wie Betrunkene,
verschlungen war all ihre Weisheit.
28 Sie schrien zum HERRN in ihrer Bedrängnis
und er führte sie heraus aus ihren Nöten,
29 er machte aus dem Sturm ein Säuseln
und es schwiegen die Wogen des Meeres.
30 Sie freuten sich, dass die Wogen sich legten,
und er führte sie zum ersehnten Hafen.
31 Sie sollen dem HERRN danken für seine Huld,
für seine Wundertaten an den Menschen,
32 sie sollen ihn rühmen in der Versammlung des Volkes,
im Kreis der Alten ihn loben.