Apokalyptische Angst und apokalyptische Hoffnung

 

Apokalyptische Stimmung prägt die Gegenwart und unsere Gefühle. Aus guten Gründen. Es sind die Eindrücke und Erfahrungen von heftiger Bedrohung, denen wir in den letzten Jahren ausgesetzt sind. Zog und zieht der apokalyptischen Reiter der Corona-Pandemie seit 2019 durch unsere Welt, so kommt jetzt noch das rote Pferd des Krieges hinzu und in seinem Gefolge das schwarze Pferd der weltweiten Hungersnot und Teuerung. Ein Pferd in der gelbschwarzen Farbe des Unwetters können wir in den Wolken des Klima-Wandels am Himmel erkennen. Dem fahlen Pferd des Todes zieht am Ende alles hinterher. Apokalypse droht konkret heute und nicht allein in der Offenbarung des Johannes vor zweitausend Jahren.

Das Wort „Apokalypse“ geht in unserer alltäglichen Sprache vor allem mit dieser Bedrohung, mit Ängsten und Nöten einher. Aber die „Apokalypse“ oder die „Offenbarung des Johannes“ ist auch ein Trostbuch. Und darauf wollen wir auch schauen. Aber vorher wollen wir uns bewusst machen, dass die „Apokalypse“ ein gänzlich anderes Geschichtsbild zeichnet und vor Augen stellt als das Fortschrittsdenken und das evolutive Weltbild des 19. Jahrhunderts, das bisher unsere Vorstellungen beherrschte. Also Zeitwende auch als neues Bild von Geschichte.

Im 19. Jahrhundert wurde die Evolution, die man mit Darwin (1809-1882) in der Natur entdeckte, durch Hegel, Marx und Engels auch auf die Menschheitsgeschichte übertragen und man erwartete das Himmelreich auf Erden, ob nun durch den wirtschaftlichen Fortschritt im Kapitalismus oder durch die gesellschaftliche Entwicklung im Sozialismus. Frieden und Wohlstand für alle.

Dagegen ist die Zukunft in der Apokalypse durch zunehmende Spannungen und Konflikte, durch Kampf und Scheidung geprägt. Genau wie wir es jetzt erleben und wie es uns nahe auf die Haut rückt.

Aber gerade da ist es wichtig, dass wir uns dieses Buch durchlesen auf das Ende hin. Ja, das ist heftig, kampfreich, gefährlich, voller Leiden und Nöte, aber Gott siegt und das Gute siegt, nicht das Böse und nicht das Nichts werden siegen. Nein, sie werden vernichtet und Gott siegt und vom Himmel steigt als unsere Heimat das himmlische Jerusalem hinab. Hier zu sehen auf einem Mosaik von Vasco Nasorri aus dem Jahr 1984 vom Berg der Seligpreisungen in Israel.

Foto: deror_avi - CC BY-SA 3.0

Im Dom von Hildesheim kann man in Gestalt des riesigen Hezilo-Leuchters tatsächlich sehen und erleben, wie dieses Himmlische Jerusalem auf uns herabkommt. Der Leuchter stammt aus dem Jahr 1061, und alle zwölf Türme und Tore sind darauf nachgebildet. Sie tragen die Namen der zwölf Stämme Israel und die Namen der zwölf Apostel. Damit will uns die Apokalypse und damit will uns dieser Leuchter klar machen: die Geschichte bleibt. Die Geschichte des Volkes Israel und die Geschichte der Kirche bleiben, aber sie werden geheilt und gut. Die Fundamente und Grundsteine liegen. Und wir sind mit darin enthalten als lebendige Steine.

Foto: Arnoldius - CC BY-SA 4.0

Und wir sind uns klar, dass es um Bilder geht. Es sind starke Bilder, die uns die Apokalypse zeichnet. Sie wirken bis heute. Bilder tragen wir in uns. Bilder, die die Heilige Schrift uns vor Augen stellt, um uns Kraft zu geben, im Heute zu bestehen und die Hoffnung zu bewahren. Aber es sind nur Bilder. Sie wollen uns vor Augen stellen, was kommt und was jetzt schon geschieht. Die Wirklichkeit ist immer noch reicher, vielfältiger, mehrdimensionaler. Vor allem die Wirklichkeit und Wirkmächtigkeit Gottes. Er bleibt der Herr der Geschichte. Meiner Geschichte und der Weltgeschichte. Er wird Gerechtigkeit herstellen. Und er wird alle Tränen von unseren Augen wischen.

Lassen Sie sich davon stärken und Hoffnung schenken und geben Sie sie weiter. Christus hat den Tod und das Böse besiegt!

Es grüßt Sie herzlich und wünscht Ihnen einen gesegneten Himmelfahrtstag
Thomas Gertler SJ

25. Mai 2022

Als Bild habe ich einen Jaspis und Amethyst herausgesucht, auf den der Text ja anspielt als Vergleich für die Schönheit und den Glanz der himmlischen Stadt.

Foto: Rostislav Nedbálek - CC BY-SA 3.0

Offenbarung 21,1 - 23

21,1 Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. 2 Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. 3 Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein.[1] 4 Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. 5 Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.

10 Da entrückte er mich im Geist auf einen großen, hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam, 11 erfüllt von der Herrlichkeit Gottes. Sie glänzte wie ein kostbarer Edelstein, wie ein kristallklarer Jaspis. 12 Die Stadt hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. Auf die Tore sind Namen geschrieben: die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels. 13 Im Osten hat die Stadt drei Tore und im Norden drei Tore und im Süden drei Tore und im Westen drei Tore. 14 Die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine; auf ihnen stehen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes. 15 Und der Engel, der zu mir sprach, hatte einen goldenen Messstab, um die Stadt, ihre Tore und ihre Mauer zu messen.

22 Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm. 23 Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie und ihre Leuchte ist das Lamm.